Predigt vom 13. Dezember 2009

St. Severin Garching

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Prediger:
Pfarrer Bodo Windolf,
St. Severin Garching 

Thema:

"Das kleine und das große Glück"
Predigttext

3. Adventssonntag (Gaudete) Lj. C (2009)

Das „kleine Glück“ und das „große Glück“

„Was sollen wir tun?“ Dreimal wird im heutigen Evangelium diese Frage an Johannes gerichtet. Dreimal – das ist auffallend – bleibt das Wozu dieser Frage offen. Um Erfolg zu haben? Um reicher, angesehener, mächtiger zu werden? Um in den Himmel zu kommen? Ein Zweck wird nicht genannt – aber um irgendwas muss es den Fragern gehen, sonst kämen sie nicht zu Johannes. Was mag also das Wozu ihrer Frage sein, das unausgesprochen mitschwingt?

Ich will es so formulieren. All diese Zöllner und Soldaten, die bei den Juden zu den verachtetsten Berufsgruppen gehörten, weil sie sich unrechtmäßig bereichern, andere erpressen und Gewalt ausüben, und die vielen anderen Menschen – unausgesprochen sagen sie zu Johannes: „Es stimmt etwas mit unserem Leben nicht. Was muss ich tun, um glücklich, um wirklich glücklich zu werden?“

Diese Frage ist eine Grundfrage jedes Menschen. Denn was immer wir erwägen, entscheiden, tun, unterlassen – immer geht es uns darin auch um Frage: Wie muss ich mein Leben gestalten, damit es glückt?

Der Wunsch nach Glück ist so universal, so tief verwurzelt im Herzen eines jeden Menschen, dass wir sagen können: In diesem Wunsch wird uns das Wozu, der Grund, der Sinn unserer menschlichen Existenz ansichtig. Wir sind dazu geschaffen, glücklich zu werden. Die Sehnsucht nach Glück ist uns vom Schöpfer selbst unserem Dasein mitgegeben. Dass wir teilhaben am Glück Gottes, ist der Grund, warum und wozu Er einen jeden von uns ins Dasein gerufen, ins Dasein geliebt hat.

Nun wissen wir alle: die Sache mit dem „Glück“ ist alles andere als eindeutig; Glück ist oft ein „trügerisch Ding“. Es gibt das Scheinglück, unzählige Glücksverheißungen, die uns um die Ohren schwirren und nicht halten, was sie versprechen. Viele dieser Angebote und Rezepturen fürs Glücklichwerden, die uns feilgeboten werden, werden oft durchaus als zunächst angenehm, wohltuend, lustvoll, befriedigend erlebt. Aber früher oder später spüren viele Menschen, dass es zu wenig ist und doch nicht das, was sie im Tiefsten suchen.

Wie aber finden wir das echte und wahre Glück? Ich will einmal zwei Etappen auf diesem Weg benennen, und ihnen die Namen geben: das kleine Glück und das große Glück. Beide hängen zusammen, und wir dürfen nicht der Versuchung erliegen, das „kleine Glück“ gering zu achten. Es sind all jene Freuden des Lebens, die ein wenig Licht in unseren oft so grauen Alltag bringen: ein gutes Essen, ein kühles Glas Bier, ein guter Tropfen Wein, ein zwangloses Beisammensein bei Spiel oder netter Unterhaltung, ein guter Film, und vieles mehr. Wer diese kleinen Freuden nicht dankbar genießen kann, wird auch am „großen Glück“ vorbeigehen. Wobei ich die Betonung auf dankbar legen möchte. Dankbarkeit ist einer der wichtigsten Schlüssel zum Tor des Glücks. Wer dankbar ist, weiß sich beschenkt, und gerade daher beglückt. Nicht zuletzt deswegen trägt die höchste Feier unseres Glaubens genau diesen Namen: Eucharistie, Danksagung. Wer Eucharistie feiert, Sonntag für Sonntag, sagt Dank – für das Dasein, für die Erlösung, für Gott, für Seine Liebe; und dankend kehrt er als zugleich Beschenkter wieder in den Alltag zurück.

Freilich ist das „kleine Glück“ erst eine Etappe auf dem Weg zum eigentlichen Glück, das wir alle suchen. Wer hier stehenbleibt – und das sind leider Gottes nicht Wenige – begnügt sich mit zu kleiner Münze, droht tatsächlich, spießig zu werden und die eigentliche Sehnsucht zu verfehlen.

Wie finden wir das „große Glück“?  Ich will es zunächst negativ formulieren: Nie und nimmer ohne Hingabe. Die Hingabe an ein Ziel, der auch mühevolle Einsatz all meiner Kräfte für eine Aufgabe, ein Werk ist die Wurzel jedes tiefen Glücks. Ich habe vergangene Woche darüber gesprochen, dass niemand glücklich werden kann, der nicht seine ganz persönliche Berufung findet und zu leben versucht. Wie finden wir diese Berufung? Wir finden sie in dem, wo wir innerlich ganz lebendig, hellwach, freudig gestimmt werden; wo wir ganz bei einer Sache oder ganz bei einem Menschen und zugleich ganz bei uns selbst sind. Das kann die Musik, das Malen, die bildende Kunst sein, auf höchstem oder auch auf niedrigerem Niveau, das spielt gar keine Rolle. Es kann wissenschaftliche Forschung sein, das Lehren, ein soziales Engagement, der Tanz, Sport, Basteln, Tüfteln und Werken, das Vater-, das Mutter-, das Großelternsein, und so vieles andere mehr.

Die auch mit Opfer verbundene Hingabe an etwas, das mich ganz erfüllt, ist unabdingbar für das „große Glück“.

Aber – das genügt nicht. Es muss noch etwas hinzukommen. Die Hingabe an eine Sache darf nicht einfach wieder nur mich selbst zum Ziel haben. Wo ich letztlich nur meinem eigenen Ego diene, dem eigenen Ruhm und Fortkommen, wo all das zu reiner Selbstbefriedigung degeneriert, wird es nicht zum Schlüssel des Glücks, sondern kann steril, ja zerstörerisch werden. Die Welt unseres Ich ist zu klein und zu eng, um uns das wahre Glück bescheren zu können. Der Weg führt immer über das Du; über das Du des Mitmenschen, über das Du Gottes. Die Hingabe an eine Aufgabe, an ein Werk, an meine Berufung muss auch der Freude, dem kleinen oder großen Glück anderer dienen, oder einfach auch der Ehre Gottes, dem ich meine Berufung, mein Talent verdanke.

Genau das ist im übrigen auch die Antwort des Täufers Johannes auf die Frage: Was sollen wir tun? Tut nichts, was euch auf Kosten anderer bereichert, Macht gibt, nur dem eigenen Genuss und Bauch und Fortkommen dient, daher dem Scheinglück. Ihr müsst nicht den Beruf wechseln, aber so leben, dass ihr durch euer Tun auch den anderen Menschen dient und zu ihrem Glück beitragt.

Es sei noch erwähnt, dass es nicht wenige Menschen gibt, denen ihr größtes irdisches Glück versagt geblieben ist oder die es verloren haben. Das kann sein: keinen Lebenspartner gefunden oder keine Kinder bekommen zu haben, der Verlust eines lieben Menschen, den Traumberuf nicht ausüben zu können oder durch Krankheit daran gehindert zu sein, und vieles mehr. Aber auch das kann zu einer Berufung und zu einer Quelle von Glück werden, dann nämlich, wenn ein Mensch es (vielleicht erst nach langer Zeit und vielen Kämpfen) gelernt hat, diesen Verzicht auf das höchste irdische Glück anzunehmen. Gerade solche Menschen entwickeln oft eine Gabe, anderen in besonderer Weise helfen und beistehen zu können, vor allem denen, mit denen es das Leben ebenfalls nicht gut gemeint hat. Sie vermögen es, weil sie selbst betroffen sind und daher solche Leidenden viel besser verstehen können als andere.

An dieser Stelle möchte ich euch, die Ministranten ansprechen. Viele von euch übernehmen als Gruppenleiter oder Oberministranten Verantwortung für die Kleineren. Es ist für mich eine große Freude zu sehen, wie viele von euch an dieser Aufgabe gewachsen und aufgeblüht sind. Manches gelingt euch sehr gut, manches weniger, beides gehört zum Leben. Und daher möchte ich euch für euren Einsatz aus ganzem Herzen danken.

Ein Satz an die Eltern und Großeltern: Ich bin sicher: Kinder sind eine der größten Quellen für Glück hier auf Erden; freilich nur dann, wenn man sich ihnen auch wirklich widmet, ihnen Zeit schenkt, Aufmerksamkeit, Geborgenheit, Liebe und eine gute Erziehung. Ich erlebe heute oft, dass sich alles auf die Schule fokussiert, nur noch das wichtig ist, was dem späteren Erfolg und Fortkommen dient. Erfolg ist wichtig für das spätere Glück, aber nicht ausreichend. Wir dürfen den Kindern nicht Den vorzuenthalten, ohne den wir das tiefste Glück nicht erlangen: Gott. Ich danke den Eltern, die ihren Kindern erlauben zu ministrieren. Wenn Kinder lernen, eine tiefe Beziehung zu Gott entfalten, geben wir ihnen eine unerschöpfliche Kraftquelle für alle Widerfahrnisse ihres weiteren Lebens mit.

Euch den Ministranten, den neuen wie den alten, möchte ich ans Herz legen: erfüllt euren Dienst am Altar mit Hingabe, für die Gemeinde, vor allem aber für Gott.

Ihnen allen aber wünsche ich immer wieder die Erfahrung des kleinen Glücks, vor allem aber, stets auf der Suche nach dem „großen Glück“ zu bleiben, für das Gott uns geschaffen hat.

Pfr. Bodo Windolf

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