Predigt vom 5. Oktober 2008

St. Severin Garching

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Prediger:
Pfarrer Bodo Windolf,
St. Severin Garching 

Thema:

"Tiere im Schöpfungs- und Heilsplan Gottes "
Predigttext

Predigt zum Erntedank 2008
Röm 8,18-23; Lk 12,15-21

Tiere im Schöpfungs- und Heilsplan Gottes 

Ein erstmaliges und eher ungewöhnliches Ereignis in unserer Pfarrei ist der Anlass für die Predigt, die ich zum heutigen Erntedankfest halten möchte. Für gewöhnlich steht an diesem Tag der Dank für die Feldfrüchte im Vordergrund, die hier so schön vor unseren Augen ausgebreitet sind. Dabei treten die Tiere, die ja auch zu den Gaben der Schöpfung und des Schöpfers zählen, meist ein wenig in den Hintergrund. Auf eine entsprechende Bitte hin werde ich am heutigen Sonntag die Hundestaffel von Garching/Hochbrück und auch etliche Haustiere segnen. Der Segen gilt Tieren, die als Haustiere uns einfach zur Freude dienen, und solchen, die dressiert sind zur Hilfe für uns Menschen, vor allem bei Unglück und Katastrophen. So wurde z.B. die hiesige Hundestaffel auch angefordert beim Einsturz des Eisstadion in Bad Reichenhall.  

So will ich einmal fragen: Welche Stellung nehmen eigentlich die Tiere im Schöpfungs- und im Heilsplan Gottes ein?

Zunächst einmal muss uns, wenn wir an Tiere denken, das Wort aus dem 1. Schöpfungsbericht in unseren Ohren klingen: „Und Gott sah alles an, was er gemacht hatte: Es war sehr gut.“ Das kann nur bedeuten: Gott schaut nicht gleichgültig auf die Tierwelt in ihrer Schönheit und Vielfalt, sondern mit göttlichem Wohlwollen. Und das schließt ein: Auch der Schmerz der Tiere lässt Ihn nicht kalt, nicht zuletzt in Hinblick darauf, wie Menschen mit Tieren umgehen. Leider ist hier ist etwas in Unordnung geraten, was im ursprünglichen Schöpfungsplan Gottes nicht vorgesehen war.  

Dies bestätigen schon die ersten Kapitel der hl. Schrift. Dort lesen wir unmittelbar nach der Erschaffung des Menschen: „Dann sprach Gott: Hiermit übergebe ich euch alle Pflanzen auf der ganzen Erde … Euch sollen sie zur Nahrung dienen.“ An dieser Stelle ist noch keine Rede vom Tier als Nahrung für die Menschheit. Das ändert sich erst nach dem Sündenfall, genauer nach der Sintflut.

Nach dieser Katastrophe schließt Gott mit Noah einen Bund und sagt zu ihm: „Furcht und Schrecken vor euch soll sich auf alle Tiere der Erde legen … euch sind sie übergeben. Alles Lebendige, das sich regt, soll euch zur Nahrung dienen. Alles übergebe ich euch wie die grünen Pflanzen.“ Nirgends wird hier ausdrücklich gutgeheißen, was gleichsam der neue Stand der Dinge ist. Es wird nur festgestellt, dass nun auch die Tiere dem Menschen zur Nahrung dienen. Der Grund ist: Streit, Gegnerschaft, Gewalt, das Böse, die Sünde hat Einzug gehalten in Gottes gute Schöpfung – und sie verändert; nicht nur das Verhältnis von Mensch zu Mensch, sondern auch das vom Menschen zum Tier.  

Was sich allerdings nicht geändert hat, ist die Güte und das Wohlwollen Gottes gegenüber allen Wesen der Schöpfung. Viele Stellen besonders im Alten Testament sprechen davon, dass Gott selbst Sorge für sie trägt, ihnen Nahrung gewährt, ja sogar, in einer schönen Wendung in Ps 104, von Ihm die Nahrung erwarten: „Die jungen Löwen brüllen nach Beute, sie verlangen von Gott ihre Nahrung“ (104,21). Außerdem sind die Tiere einbezogen in das Lob, das die Schöpfung allein durch ihr Dasein Gott allezeit darbringt. So beten wir in Ps 148: „Lobet den Herrn, ihr auf der Erde, ihr Seeungeheuer …, ihr wilden Tiere und alles Vieh, Kriechtiere und gefiederte Vögel … Loben sollen sie den Namen des Herrn.“ Und genauso schön im Buch Daniel: „Preist den Herrn, ihr Tiere des Meeres und alles, was sich regt im Wasser … Preist den Herrn, all ihr Vögel am Himmel … all ihr Tiere, wilde und zahme; lobt und rühmt ihn in Ewigkeit“ (Dan 3,79-81).

Wo das Lob Gottes aus dem Mund so vieler Menschen unserer Zeit verstummt – es wird für alle Zeiten erklingen im Gezwitscher der Vögel, im Gezirpe der Grille, im Tanz der Bienen, in der Pracht der Fische des Ozeans.

Und so schreibt der Weltkatechismus der Katholischen Kirche, der uns eine gültige Gesamtdarstellung unseres Glaubens gibt: „Die unterschiedlichen Geschöpfe widerspiegeln in ihrem gottgewollten Eigensein, jedes auf seine Art, einen Strahl der unendlichen Weisheit und Güte Gottes. Deswegen muss der Mensch die gute Natur eines jeden Geschöpfes achten und sich hüten, die Dinge gegen ihre Ordnung zu gebrauchen. Andernfalls wird der Schöpfer missachtet und es entstehen für die Menschen und ihre Umwelt verheerende Folgen“ (KKK 339).

Man ersieht daraus, dass es kompletter Unsinn ist, das Christentum oder die Bibel als Schuldige dingfest machen zu wollen für Umweltzerstörung und unverantwortliche Ausbeutung der Natur. Auch die zum Teil widerlichen Vorgänge z.B. in bestimmten Formen der Massentierhaltung und beim Massentransport von Tieren kann sich nicht auf das Wort aus Gen 1 berufen: „… bevölkert die Erde, unterwerft sie euch, und herrscht über die Fische des Meeres, über die Vögel des Himmels und über alle Tiere, die sich auf dem Land regen.“ Herrschen nach biblischem Verständnis beinhaltet immer auch die hegende Sorge für die beherrschte Kreatur. Der Mensch als von Gott eingesetzter Herrscher über die Erde soll Mittler göttlichen Segens sein nach dem Vorbild der segensreichen Herrschaft Gottes selbst. Daher will ich noch einmal den Weltkatechismus zu Gehör bringen: „Tiere sind Geschöpfe Gottes und unterstehen seiner fürsorgenden Vorsehung. … Darum schulden ihnen auch die Menschen Wohlwollen. Erinnern wir uns, mit welchem Feingefühl die Heiligen, z.B. der heilige Franz von Assisi und der heilige Philipp Neri, die Tiere behandelten.“ 

Damit soll nicht einer Tierromatik – die auch Franziskus nicht im Sinn hatte – das Wort geredet werden, die Mensch und Tier auf fast ein- und dieselbe Stufe stellt. Dementsprechend deutet der Katechismus die gottverfügte menschliche Herrschaft über das Tier so: „Man darf sich der Tiere zur Ernährung und zur Herstellung von Kleidern bedienen. Man darf sie zähmen, um sie dem Menschen bei der Arbeit und in der Freizeit dienstbar zu machen. Medizinische und wissenschaftliche Tierversuche sind sittlich zulässig, wenn sie in vernünftigen Grenzen bleiben und dazu beitragen, menschliches Leben zu heilen und zu retten. (Allerdings) widerspricht es der Würde des Menschen, Tiere nutzlos leiden zu lassen und nutzlos zu töten.“

Neben einer brutalen Fühllosigkeit gegenüber Tieren und ihren Leiden wird aber auch die Kehrseite einer unangemessenen Tiervernarrtheit kritisiert. So sehr man Tiere gern haben darf, so der Katechismus weiter, soll man ihnen doch nicht die Liebe zuwenden, die einzig Menschen gebührt, weswegen auch die Ausgaben für sie nicht so hoch sein dürfen, dass sie hindern, menschliche Not zu lindern.  

Zuletzt noch ein kurzer Blick auf die heutige Lesung aus dem Römerbrief mit einer der ganz großen Aussagen über die Zukunft der Schöpfung insgesamt. Paulus schreibt hier: „Die ganze Schöpfung wartet sehnsüchtig auf das Offenbarwerden der Söhne Gottes. … Auch die Schöpfung soll von der Sklaverei und Verlorenheit befreit werden zur Freiheit und Herrlichkeit der Kinder Gottes. Denn wir wissen, dass die gesamte Schöpfung seufzt und in Geburtswehen liegt …“ Paulus bestätigt hier noch einmal, was Gott zu Noah gesagt hatte: „Hiermit schließe ich meinen Bund mit euch und mit euren Nachkommen und mit allen Lebewesen bei euch, mit den Vögeln, dem Vieh und allen Tieren des Feldes, mit allen Tieren der Erde’“ (Gen 9,8-10). Der Regenbogen, der sich vom Himmel her über die Erde wölbt und alles auf ihr einschließt, ist das augenfällige Zeichen dieses Bundes. Wie die Erlösung auch der Tierwelt einmal aussehen wird, wissen wir nicht, wohl aber, dass auch sie einmal ein erlöster Teil des neuen Himmels und der neuen Erde sein wird. 

Die Heiligen, die auch der Katechismus vorhin erwähnte, sind es, die etwas von der erlösten Zukunft vorwegnehmen. Von vielen, bei weitem nicht nur Franziskus und Philipp Neri, wird berichtet, dass sie ein ganz besonderes Verhältnis zu Tieren und auch umgekehrt die Tiere zu ihnen hatten; dass die Tiere ihnen gegenüber alle Wildheit und Feindschaft, aber auch die den Tieren eigene Scheu gegenüber den Menschen ablegten. Es scheint hier etwas von jener paradiesischen Zukunft vorweggenommen, von der das Buch Jesaja spricht: „Dann wohnt der Wolf beim Lamm, der Panther liegt beim Böcklein. Kalb und Löwe weiden zusammen, ein kleiner Knabe kann sie hüten. ... Der Säugling spielt vor dem Schlupfloch der Natter, das Kind streckt seine Hand in die Höhle der Schlange“ (Jes 11,6-8).  

Ehrfurcht Ehrfurcht vor Gott, die die Ehrfurcht vor den Mitmenschen und die Ehrfurcht vor den Mitgeschöpfen, den Tieren, Pflanzen und der Erde insgesamt nach sich zieht – das ist die dem Menschen gemäße Haltung. Der Dank für die Schöpfung und ihre Gaben und die Bitte um diese Haltung der Ehrfurcht gehören untrennbar zusammen, will man das Erntedankfest recht begehen.

 Pfr. Bodo Windolf

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