Predigt vom 10. Juni 2007

St. Severin Garching

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Prediger:
Pfarrer Bodo Windolf,
St. Severin Garching 

Thema:

"Tod"
Predigttext

10. Sonntag i.J. C am 10.6.07 (mit Goldhochzeit)
Lesung: 1 Kön 17,17-24
Evangelium: Lk 7,11-17

Tod

Das Evangelium des heutigen Sonntags gibt uns das ernste Thema des Todes vor, über das ich sprechen möchte trotz des freudigen Anlasses einer Goldhochzeit. Aber es ist ein Thema, das jeden von uns zu jeder Zeit angeht. Das Schöne dabei ist: Was wir Christen über den Tod wissen, ist nicht Anlass zur Trauer, sondern letztlich Anlass zur Freude.

Doch zunächst möchte ich das negative Gesicht des Todes darstellen. Die ganze Geschichte der Menschheit ist ein langer, nicht endender Totenzug. Täglich werden Tausende zu Grabe getragen. Kinder weinen um ihre Eltern, Eltern um ihre Kinder, Eheleute um ihren Ehepartner. Irgendwann wird jeder von uns sich einreihen in diesen Zug als selbst Betroffener. Nichts ist so gewiss wie der Tod. Nichts prägt unserem irdischen Dasein so sehr seinen Stempel auf wie der Tod. Niemand entkommt ihm. Einige springen ihm immer mal wieder gerade noch von der Schippe. Aber zuletzt erwischt er doch jeden. Gegen ihn ist kein Kraut der Welt gewachsen.

Obwohl nichts so gewiss ist wie der Tod, sind wir dennoch die größten Verdrängungskünstler des Todes. Sterben, das tun die anderen. Ich – ach reden wir doch über etwas anderes. Nach wie vor ist der Tod eines großen Tabuthemen.

Dabei taumelt unsere Zeit hin und her zwischen Tabuisierung und Banalisierung des Todes. Beides sind nur die zwei Seiten ein und derselben Medaille. Die Banalisierung sieht so aus, dass vor allem in den Medien unserer Zeit der Tod als Massenveranstaltung auftritt. Abertausende virtuell sterbende, meist ermordete, niedergeknallte Menschen flimmern täglich durch den Äther und belustigen Kinder und Jugendliche in Computerspielen. Der Tod als Spektakel, als Nervenkitzel gegen die eigene innere Langeweile. Auch hier wird der Tod zu etwas, was mich eigentlich gar nichts angeht und von dem ich mich persönlich gar nicht betreffen lassen kann.

Jüngste Beispiele medialen Umgangs mit dem Thema Tod, die das Thema nicht behandeln, sondern nur die Sensationsgeilheit der Leute bedienen, sind die Bilder der sterbenden Prinzessin Diana im Fonds ihres Mercedes, die Channel 4 in England meinte ausstrahlen zu müssen. Oder jenes abgeschmackte Spektakel um die Nierenspende einer krebskranken 37-Jährigen für einen von drei todkranken Patienten, die kürzlich in Holland ausgestrahlt wurde. „Der Tod als ultimatives Spektakel“, so titelte denn auch die SZ vergangene Woche ganz zurecht.  

Die Begegnung mit dem Tod im heutigen Evangelium ist von gänzlich anderer Art. Jesus begegnet einem der vorhin erwähnten unzähligen Totenzüge dieser Erde. Die Bahre wird soeben durch das Stadttor hinausgetragen. Tote haben keinen Platz unter den Lebenden. Außerhalb, vor den Mauern der Stadt, werden sie begraben. Eine Mutter, eine Witwe, die ihren einzigen Sohn verloren hat; zu einer Zeit ohne Sozialgesetzgebung bedeutete das wohl auch: ihren einzigen Beschützer und Ernährer.

Ein anderer Zug nähert sich, Jesus, der von sich einmal sagte: „Ich bin die Auferstehung und das Leben“, an der Spitze, hinter ihm seine Jünger und eine große Menschenmenge, die Ihm folgt. Vor dem Stadttor treffen beide Züge aufeinander. Das Leben trifft auf den Tod. Der Leichenzug begegnet dem Leben selbst.

Das Mitleid, das Jesus empfindet und von dem der Evangelist spricht, dürfen wir sicher auch als das Mitleid Gottes ansehen mit den Meeren an Tränen, die Menschen über den Verlust lieber Angehöriger vergießen. Hier kann Jesus nicht an sich halten: Er, das Leben, ergreift die Hand des jungen Mannes, und es genügt ein Wort von ihm: „Ich befehle dir, junger Mann: Steh auf!“, um ihn den Lebenden wieder- und der Mutter zurückzugeben. 

Nun wird man sagen: Das Ganze ist ja gut und schön, aber was soll`s, es war ja nur ein Aufschub, irgendwann später wird der Junge halt doch sterben müssen.

In der Tat. Und daher kann das hier Berichtete auch nur eine Vorahnung für etwas noch viel Größeres und Entscheidenderes sein. Was uns das heutige Evangelium berichtet, war ein Sieg gleichsam von außen, der dem Tod letztlich nichts anzuhaben vermochte.

Das Entscheidende, was Jesus, der Sohn Gottes – und Gott ist der einzige, der der Macht des Todes gewachsen ist – getan hat, war, in den Rachenschlund des Todes selbst hineinzugehen, in dessen Finsternis hinabzusteigen, um den Tod von innen her zu töten; um im Innern des Todes selbst dessen Macht zu zerstören und in Leben, in unzerstörbares Leben zu verwandeln.

Jesus hat dabei den Tod nicht abgeschafft; nach wie vor muss ihn jeder Mensch sterben. Aber Er hat ihm das letzte Wort genommen; Er hat seine Todes- und Zerstörungsmacht verwandelt in eine Tür; in die Tür zum ewigen und unzerstörbaren Leben in der Herrlichkeit Gottes.

Wer im Glauben an Christus lebt, wer glaubt, dass Er der Sieger über den Tod und der Auferstandene ist und wer aus diesem Glauben sein Leben gestaltet, hat schon jetzt in diesem irdischen Leben die Schwelle des Todes überschritten; für den beginnt schon hier und jetzt das ewige Leben. Dass die eigentliche Todesgrenze nicht mehr der physische Tod ist, sondern die zwischen Glauben und Unglauben, ist eines der ganz großen Themen des Johannes-Evangeliums.

 

Liebes Jubelpaar …,
zuletzt noch ein kurzes Wort zu dem schönen Anlass, der Sie und Ihre Familie hierher in die Kirche geführt hat.
So wie das ewige Leben für den Glaubenden schon hier und jetzt beginnt, so verhält es sich auch mit dem Tod. Wer 50 Ehejahre miteinander gelebt hat, ist schon – ich erlaube es mir, es so auszudrücken – viele Tode gestorben. Es geht nur, wenn zwei Menschen immer und immer wieder sich selber, dem eigenen Egoismus, dem manchmal Nicht-mehr-wollen, dem Weggehen-wollen, dem Aufgeben-wollen, sterben, damit die eheliche Zweisamkeit, die eheliche Treue, die eheliche Liebe zu leben und immer wieder neu aufzuerstehen vermag. Liebe geht nur so, dass man sich selbst immer wieder sterben muss, auf das Du des Ehepartners zuleben muss. Aber genau so gelingt Ehe, gelingt Liebe, gelingt das hohe Glück einer treuen Partnerschaft, in der man viel Schönes gemeinsam erlebt und viel Schweres ebenso gemeinsam durchgestanden hat, treu war in guten wie in schlechten Tagen, gestützt von anderen Menschen. Sie haben mir die Stütze durch Ihre Söhne in besonderer Weise erwähnt.
Ihnen im Namen der ganzen Gemeinde herzliche Glückwünsche zum heutigen Tag Ihrer Goldhochzeit, Dank für Ihr eheliches Zeugnis der Treue und Gottes Segen, den ich nun für Sie erbitten darf.

Pfr. Bodo Windolf

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