Predigt vom 7. Juni 2007

St. Severin Garching

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Prediger:
Pfarrer Bodo Windolf,
St. Severin Garching 

Thema:

"Brot für die Seele und den Leib"
Predigttext

Fronleichnam 2007

Brot für die Seele – Brot für den Leib. Der soziale Aspekt der Eucharistie

Große Teile der Welt blicken in diesen Tagen nach Heiligendamm auf die Versammlung der G 8, und man wartet mit Spannung und Sorge, ob es nicht doch noch zu wirksamen Vereinbarungen zum Klimaschutz kommen wird.

Über dieser Frage ist ein anderes wichtiges Thema, das ebenfalls auf der Agenda steht, ein wenig in den Hintergrund geraten, nämlich das der Armutsbekämpfung vor allem in Afrika. Es mag manchen erstaunen, dass dazu Papst Benedikt einen ausführlichen Brief an die Bundeskanzlerin geschrieben hat, in dem er dieses Thema als eines der wichtigsten unserer Zeit bezeichnet. Darin bittet er sie, all ihren Einfluss geltend zu machen, dass – ich fasse den Inhalt in einem Schlagwort zusammen – aus der Globalisierung der Wirtschaft auch eine Globalisierung der Solidarität wird. Unter Voraussetzung dessen, was als good governance in den betroffenen Staaten bezeichnet wird, fordert er den vorbehaltlosen und fairen Zugang der armen Länder zu den Märkten der Welt, Schuldenerlass und Schuldenprävention für die am wenigsten entwickelten Staaten, Verringerung des legalen und illegalen Waffenhandels, medizinische Hilfe v.a. gegen Aids, Tuberkulose und Malaria, und vieles mehr. Er mahnt, die Selbstverpflichtungen aus früheren Treffen zur weltweiten Armutsbekämpfung nun endlich auch einzulösen. Er erinnert daran, dass Reichtum die „unbedingte moralische Verpflichtung“ der Solidarität mit den Armen beinhaltet. Wenn man so will, betätigt Papst Benedikt sich hier mit großer Verve als Befreiungstheologe. 

Blickwechsel: Während der Tage des Gipfeltreffens feiern wir Katholiken ebenfalls global, weltweit, das Hochfest „Fronleichnam“. Kann hier ein Zusammenhang hergestellt werden?

Ja, es kann. Die Brücke ist jenes sakramentale Zeichen, das im Mittelpunkt des Fronleichnamsfestes steht. Im  Abendmahlssaal hatte Jesus der Kirche Seine bleibende Gegenwart im Zeichen eines Stückchen Brotes geschenkt. „Das – dieses Brot da, das ich in Händen halte und über das ich gebetet habe – ist mein Leib für euch, das bin ich selbst.“ Dass Jesus gerade dieses und kein anderes Zeichen wählt, muss bedeutsam sein für das rechte Verständnis des eucharistischen Geheimnisses.  

Werfen wir dazu einen Blick auf die Anfänge:

Ursprünglich war das eucharistische Herrenmahl verbunden mit einem Sättigungsmahl. Das heißt, bevor man die Eucharistie feierte, kam die ganze Gemeinde, also Arme und Reiche, zusammen, um miteinander zu speisen. So jedenfalls hören wir es aus Korinth. Doch was sich da im Verlauf der Zeit eingeschlichen hatte und auch Paulus, dem Begründer der korinthischen Gemeinde, zu Ohren gekommen war, war alles andere als erbaulich. So schreibt er: „Was ihr bei euren Zusammenkünften tut, ist keine Feier des Herrenmahles mehr; denn jeder verzehrt sogleich seine eigenen Speisen, und dann hungert der eine, während der andere schon betrunken ist“ (1 Kor 11,20f).

Was zunächst einfach zusammengehörte – das gemeinsame, miteinander geteilte Essen und anschließend die Feier der Eucharistie – war hier vollkommen pervertiert. Die eucharistische Gemeinschaft, die die Schranken zwischen Arm und Reich, Hoch und Nieder, Freien und Sklaven, auch die zwischen Mann und Frau niederlegen sollte, um alle in Christus eins zu machen, war im Vorfeld zu einer Veranstaltung geworden, die die Kluft zwischen den Teilnehmenden vertiefte anstatt sie aufzuheben. In der Konsequenz führte das dazu, Sättigungsmahl und eucharistisches Mahl voneinander zu trennen.  

Aber war das eine Lösung? Nein, denn die ursprüngliche Praxis hatte einen letztlich unaufgebbaren Zusammenhang deutlich gemacht: Wer Eucharistie feiert, kann nicht mehr einfach nur im eigenen Reichtum schwelgen und den Armen neben sich hungern lassen (wobei es einerlei ist, ob die Armen unmittelbar neben mir sitzen oder durch den Fernseher in mein Wohnzimmer eintreten). Die Feier des Brotbrechens, wie das Herrenmahl im Neuen Testament auch genannt wird, in der Christus selbst sich austeilt als das gebrochene und geteilte „Brot des Lebens“ – hat zur inneren Konsequenz, auch das „Brot des Leibes“ zu brechen und mit den Hungernden dieser Welt zu teilen. Wer das nicht tut, feiert nicht Eucharistie, sondern eine Perversion dessen, was Jesus im Sinn hatte, als Er uns dieses unendlich kostbare Sakrament Seiner Gegenwart schenkte.  

Der Liebesjünger Johannes, der von allen Aposteln Jesus wohl am tiefsten verstanden hatte, drückt es in einem seiner Briefe so aus: „Daran haben wir die Liebe erkannt, dass er sein Leben für uns hingegeben hat. So müssen auch wir für die Brüder das Leben hingeben. Wenn jemand Vermögen hat und sein Herz vor dem Bruder (und der Schwester) verschließt, der in Not ist, wie kann die Gottesliebe in ihm bleiben? Meine Kinder, wir wollen nicht mit Wort und Zunge lieben, sondern in Tat und Wahrheit“ (1 Joh 3,16-18). Der hl. Augustinus kommentiert diese Stelle so: „Der selige   Apostel Johannes hat uns“ mit diesen Worten „ganz deutlich das Geheimnis des Abendmahls erklären wollen“ (zit. n. Cantalamessa, Euch., 129).  

Christus, der im Abendmahlssaal vom Brot gesagt hat: „Das ist mein Leib“, sagt dasselbe über die Armen: „Was ihr den Hungernden, Dürstenden, Kranken, Obdachlosen, Gefangenen, Nackten getan habt, das habt ihr mir getan.“ Die Identifikation Jesu mit dem eucharistischen Brot ist nicht trennbar von Seiner Identifikation mit den Armen. Das „Brot des Himmels“ für uns muss zum „Brot für die Welt“ durch uns werden. Vielleicht hat das in unserer Zeit niemand so begriffen wie Mutter Theresa aus Kalkutta, die zutiefst aus der Eucharistie lebte und wusste, dass sie in den Leibern der Geschundenen, der Sterbenden, der Ärmsten Christus selbst berührte.

Was heißt das für uns? Es heißt: Eucharistie feiern, Christus in der heiligen Kommunion empfangen und zugleich das Herz und – sagen wir es ganz konkret – das Portemonnaie vor dem Mitmenschen zu verschließen, geht nicht zusammen. Und hier muss es um ein großzügiges Geben gehen, nicht um ein paar Brosamen vom eigenen Überfluss. Es darf, es soll auch ein wenig weh tun, spürbar für einen selbst sein. Biblisch wäre, z.B. den Zehnten zu geben, wem das möglich ist; oder in etwa das, was ich für mein persönliches Vergnügen ausgebe. Letztlich ist das natürlich eine Entscheidung des Gewissens, hoffentlich eines gut gebildeten Gewissens. 

Globalisierung der Wirtschaft muss zur Globalisierung der Solidarität werden. Das gilt nicht nur für die anderen da oben, die in Heiligendamm, sondern für jeden einzelnen auch von uns.

Wobei klar ist: das Brot teilen ist etwas sehr Vielfältiges, beinhaltet also alles, was ich an Zeit, Einsatz und Zuwendung denen schenke, deren Not ich zu lindern suche.

Eucharistie ist ein Geheimnis innigster Gemeinschaft mit Gott, mit Jesus Christus, ein Geheimnis, das in sich die Gemeinschaft und Solidarität mit allen Mitmenschen, besonders den Bedürftigen, einschließt. Nur wer Eucharistie so versteht und so feiert, versteht sie richtig, feiert sie richtig lebt Eucharistie.

Pfr. Bodo Windolf

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