17. Mai 2007
Christi Himmelfahrt Das ist innerhalb der kirchlichen Leseordnung einmalig und – es wirft Fragen auf: Wie kann es sein, dass derselbe Autor dieselbe Begebenheit so unterschiedlich berichtet, dass so gut wie kein Wort übereinstimmt? Das fängt an beim Ort: In der Apostelgeschichte ist es der Ölberg, von wo aus Jesus den Augen der Seinen entschwindet, im Evangelium ist es Betanien. Was den Zeitpunkt angeht, ist der Unterschied noch gravierender: Das im Evangelium beschriebene Ereignis findet noch am Ostertag statt, Auferstehung und Himmelfahrt sind hier zu ein- und demselben Ereignis, jedenfalls zu einem Ereignis am selben Tag verschmolzen; nach der Apostelgeschichte aber handelt es sich um den 40. Tag nach Ostern. Auch das Übrige ist so unterschiedlich geschildert, als handele es sich um zwei ganz verschiedene Vorgänge. Wie soll
man sich darauf einen Reim machen? Plausibel wird es, wenn man bedenkt, dass Jesus sich ja nicht während dieser Zeit irgendwo auf der Erde versteckt hält, um erst dann endgültig heimzukehren zum Vater in den Himmel. Sondern es sind Erscheinungen „vom Himmel her“. Der in Seiner Auferstehung zum Vater Heimgekehrte erscheint während dieses Zeitraumes immer wieder den Aposteln und anderen Jüngern, Frauen und Männern – so berichten es auch die übrigen neutestamentlichen Schriften; er bezeugt sich selbst, Sein Auferstandensein, Sein Leben nach dem Schmachtod am Kreuz, und Er erklärt den Sinn der Schrift, den Sinn Seiner Verurteilung, Seines Leidens und Seines Sterbens. Was kennzeichnet den Abschluss der Erscheinung am Ostertag? Das letzte Bild, das uns Lukas vor der Hinwegnahme Jesu vor Augen stellt, ist der Herr mit dem Segensgestus. „Er erhob seine Hände und segnete sie. Und während er sie segnete, verließ er sie und wurde in den Himmel emporgehoben.“ Was bedeutet es, dass Jesus als der Segnende von dieser unserer Erde scheidet? Zunächst: Der Segen betrifft stets auch und gerade irdische, zeitliche, menschliche Güter. Er umfasst Felder, Früchte, Tiere und unsere irdischen Angelegenheiten, Sorgen und Wünsche, alles, was uns zum Wohl dient. Wenn Jesus so von der Erde scheidet, dann segnet Er uns Menschen für die „Zwischenzeit“, d.h. für die Zeit zwischen Seiner ersten Ankunft damals vor 2000 Jahren und Seiner Wiederkunft am Ende der Zeit. Er legt seine segnende Hand über die ganze Erde und alles, was auf ihr west. Dieser Segen, dieser Segensgestus ist im letzten derselbe, der sich am Ende z.B. auch einer jeden hl. Messe wiederholt. Nachdem Christus gleichsam erschienen ist unter uns in Seinem Wort und im Sakrament Seines Leibes und Blutes, werden wir entlassen, indem Er uns segnet durch die Hand des Priesters. Auch wenn wir in diesen Bittagen – die stets die drei Tage vor Christi Himmelfahrt sind – um das Gedeihen der Feldfrüchte beten, stellen wir uns gleichsam unter Seine segnende Hand. Es ist, als ruhe sie auf und über der Erde und unser Leben und Geschick. Noch
etwas anderes ist bemerkenswert: Am Ende des Evangeliums heißt es: „Sie waren
immer im Tempel und priesen Gott“, wörtlich: segneten Gott. In der griechischen,
hebräischen und lateinischen Sprache ist das Wort für Gott preisen und
segnen dasselbe. Wo es heißt: Jesus segnet und die Jünger preisen Gott im
Tempel, wird jeweils dasselbe Wort verwendet, nämlich eulogein.
Beides sind die zwei Seiten ein und derselben Medaille. Gott segnet uns Menschen
in Jesus Christus, der nicht wirklich von uns gegangen ist, sondern mit seiner
segnenden Gegenwart unter uns bleibt. Wir Menschen „segnen“ Gott, indem wir Ihn
loben und preisen. |