Predigt vom 25. Mai 2006  Christi Himmelfahrt

St. Severin Garching

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Prediger:
Pfarrer Bodo Windolf


Thema: 
"Jesu letzter Auftrag an jeden Christen"
Predigttext

Christi Himmelfahrt 25. Mai 2006
Les: Apg 1,1-11; Eph 1,17-23 oder Eph 4,1-13
Ev: Mk 16,15-20

Jesu letzter Auftrag an jeden Christen

Es gibt zwei Möglichkeiten, die Texte des Neuen Testaments zu hören. Zum einen als ein historisches Dokument, das uns informiert über die Dinge, die ein gewisser Jesus vor 2000 Jahren gesagt und getan hat. Die Texte so zu hören, bedeutet im Grunde nichts anderes, als zu sagen, sie gehen mich nicht wirklich etwas an.

Zum Anderen kann man die Texte hören als ein Wort, das über die 2000 Jahre hinweg mir heute gesagt wird. Ein Wort, dass mir zugesprochen wird von Ihm, diesem Jesus. Wenn man das Neue Testament so hört, dann gehen uns die Texte in der Tat sehr viel an, und dann muss jeder von uns Stellung beziehen; d.h. wir müssen uns entscheiden, ob wir zu Jesu Leben und seinen Worten Ja oder Nein sagen wollen.

Wenden wir dies einmal auf das heutige Evangelium an, das uns die letzten Worte Jesu an Seine Jünger überliefert. Die letzten Worte eines Menschen haben immer ein ganz besonderes Gewicht, vor allem dann, wenn er uns sehr nahe stand und wir ihn sehr gern hatten. Wir bewahren diese letzten Worte wie einen kostbaren Schatz im Herzen, sie sind wie ein letztes Vermächtnis und haben geradezu testamentarischen Charakter. Wenn sie einen Auftrag beinhalten, ist es uns moralisch geradezu unmöglich, einfach darüber hinwegzugehen.

Um ein Beispiel zu nennen: Im Magazin der Süddeutschen Zeitung vom 13. April 2006 wurde unter der Rubrik „Gewissensfragen“ folgende Anfrage einer Münchnerin veröffentlicht: Nach dem Tod der Mutter fand sie ein Tagebuch, auf dem stand: „Nach meinem Tod zu vernichten“. Sie wollte nun wissen, ob sie dem Wunsch ihrer Mutter folgen müsse, oder ob sie die Aufzeichnungen nicht doch lesen dürfe. Ich fand die Antwort, die (von Dr. Erlinger) gegeben wurde, sehr schön: Tagebücher seien oft so etwas wie eine „Beichte ohne Beichtvater“, das Beichtgeheimnis gelte aber nicht umsonst als besonders „heilig“, und nicht zuletzt auch deswegen sollte sie den Wunsch der Mutter respektieren. Die Begründung fand ich, wie gesagt, sehr schön; aber ich würde noch einen Schritt weiter gehen und sagen: einfach nur deswegen, weil es ein letzter, nicht widerrufener Wunsch der Verstorbenen war, musste dieser unbedingt erfüllt werden.

Wenn wir nun zum Neuen Testament zurückkehren und den letzten Wunsch beziehungsweise Auftrag Jesu hören, so lautet dieser: „Geht hinaus in die ganze Welt und verkündet das Evangelium allen Geschöpfen.“ Von diesem Sendungsauftrag berichten alle Evangelisten. Zugleich richtet Jesus ihn an alle Seine Jünger. Er sagt nicht: Wenn euch einer fragt, erzähl uns etwas über Jesus, dann antwortet: Geh zu Petrus, der hat bei der Katechese gut aufgepasst und kennt sich besonders gut aus; oder: geh zu Johannes, er hat mich am besten von allen verstanden, sondern Jesus sagt: Du selbst sollst Zeugnis geben!

Übertragen auf unsere Situation im Hier und Heute bedeutet das: Wenn dich jemand nach Jesus Christus und nach deinem Glauben fragt, sag nicht: Geh zum Pfarrer, oder zu jemand anderem, (der sich vermeintlich besser auskennt,) sondern: Du bist gefragt, Zeugnis zu geben von deinem Glauben, von deiner Überzeugung, von deinem Vertrauen auf Jesus Christus.

Ich frage mich, ob die Schmalbrüstigkeit unseres Christentums hier in Deutschland nicht zuletzt auch daran liegt, dass die einzelnen Christen diesen Auftrag Jesu, diese Seine letzten Worte, nicht ernst genug nehmen, nicht als ein Vermächtnis an sie und damit als ihren Auftrag ansehen.

Was heißt es konkret für uns? Was bedeutet es, für den eigenen Glauben einzustehen? Sicher nicht in erster Linie, große Worte zu machen und zu predigen, wohl aber, sich zu bekennen, zu sagen und zu erklären: Was z.B. bedeutet Gott für mich? Was gibt und was schenkt mir der Glaube? Warum gehe ich in die Kirche! Warum bete ich? Was ist meine Hoffnung? Wie gehe ich mit Schuld und Versagen um? Wie schaffe ich es zu verzeihen? Was erhoffe ich über den Tod hinaus? Etc.

Zeugnis zu geben vom eigenen Glauben bedeutet aber auch: besondere „Kompetenz“ zu haben und zu zeigen im Umgang mit Menschen. Versöhnungsbereitschaft, Herzlichkeit, Freundlichkeit, überhaupt die Art, wie ich mit anderen Menschen umgehe und ihnen, gerade auch den mir unsympathischen, begegne, und vieles andere mehr sind Eigenschaften und Herausforderungen, die den Christen auszeichnen oder um die er sich zumindest in besonderer Weise bemühen sollte. Jeder müsste sich immer wieder die Frage stellen: Wie gehe ich mit Menschen um, mit meiner Familie, meinen Nachbarn, mit Fremden, mit anderen Nationalitäten oder auch mit anderen Religionen? Benehme ich mich so, dass andere in mir einen Christen erkennen können und vielleicht sogar danach fragen, was es ist, das mir Kraft, Freude, Gelassenheit usf. gibt?

Dabei ist klar: niemand ist rundum perfekt, auch kein Christ; aber von einem solchen kann man erwarten, dass er Fehler zugibt und sich entschuldigt, auch so steht jeder, der an Jesus Christus glaubt, für seinen Überzeugung ein.

Es bleibt also die Frage: Nehme ich den Auftrag ernst, den Jesus mir über die 2000 Jahre hinweg heute als Seinen letzten Willen stellt? Die Antwort kann nur jeder von uns persönlich geben.

Pfr. Bodo Windolf

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