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Prediger:
Pfarrer Bodo Windolf
Thema:
"Danken"
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28. Sonntag im
Jahreskreis 10. Okt. 2004
Les: 2 Kön 5,14-17; 2 Tim 2,8-13
Ev: Lk 17,11-19
Danken
Bevor ich etwas zum heutigen Evangelium
sage, möchte ich einen Hinweis geben auf etwas, das wir ab nächster Woche
beginnen wollen. Im Pfarrgemeinderat wurde der Vorschlag gemacht und auch
beschlossen, den folgenden Versuch einmal zu wagen in der Hoffnung, dass er von
der Gemeinde angenommen wird, dass nämlich all diejenigen, die zur Kommunion
gehen wollen, - und das sind ja die meisten – beim Hereinkommen in die Kirche
eine ungeweihte Hostie in eine dafür bereitgestellte Hostienschale legen, die
dann zur Gabenbereitung von den Ministranten zum Altar gebracht wird.
Zwei Gründe gibt es dafür: einen praktischen und einen geistlichen:
Der praktische Grund: Es ist schon einmal vorgekommen, dass wir zu wenig
konsekrierte Hostien hatten, in der Regel sind es aber viel zu viele.
Vielleicht, wenn dieser Versuch angenommen wird, lässt sich dies etwas besser
regeln.
Der geistliche Grund: Am vergangenen Sonntag haben wir Erntedank gefeiert als
liturgischen Dank für die Ernte dieses Jahres. Vermutlich wissen Sie, dass in
frühester Zeit die Gläubigen zu jeder Eucharistiefeier persönliche
Dankesgaben mitgebracht haben, - übrigens ein Brauch, der in der Geldkollekte
noch fortbesteht. Was an Brot und Wein für die Eucharistie benötigt wurde,
wurde ausgesondert, das übrige, wozu natürlich auch andere Gaben gehörten,
wurde an die Ärmeren verteilt.
Mit dem persönlichen
Einlegen des Brotes in die Hostienschale könnte dieser Brauch in seiner
tieferen Bedeutung wieder aufgegriffen werden. Denn in jeder Gabe, die wir Gott
darbringen – und mag sie noch so klein sein – ist ja nicht gemeint: Ich gebe
Dir, Gott, irgendetwas,
sondern ich will mich Dir geben, mein
Leben, meinen Dank, meine
Bitten, meine Sorgen, auch andere Menschen, die mir Sorgen machen; all
das will ich hineinlegen in die Schale, die Dir Gott, am Altar, vom Priester
entgegengehalten wird, damit wir diese Gaben von dir verwandelt zurückerhalten:
verwandelt in Leib und Blut, in die reale Gegenwart Deines Sohnes. Ich glaube, für
manchen könnte dies auch eine Hilfe sein, noch bewusster zur heiligen Kommunion
zu gehen: nämlich zu wissen: ich erhalte als göttliche Gabe zurück, was ich zuvor im Symbol der Brotgabe als
meine menschliche Gabe zu Gott gebracht habe.
Nun noch ein paar Gedanken zum Evangelium. Es ist offensichtlich, dass es
darin um Dankbarkeit ging; aber – damit wir uns darin nur ja nicht täuschen
– nicht um die gutbürgerliche Dankbarkeit eines wohlerzogenen Menschen, der
artig danke sagt, so wie es sich gehört, wenn man ihm ein Geschenk macht. Nein,
es geht um etwas viel Tieferes. Dass der eine
Geheilte nicht einfach weiter geht, sondern umdreht, umkehrt, sich
umkehrt zu Jesus, ist viel mehr als ein Ausdruck seines gutbürgerlichen
Anstands, wie er auf der ganzen Welt üblich ist. Das, worauf die Perikope
zielt, ist der Glaube des
Samariters; der Glaube, der die Umkehr hervorbringt und ihn erst wirklich und in
der Tiefe heilt.
Neben seiner Umkehr,
seinem Glauben, seinem Dank steht im Mittelpunkt, dass er Gott lobte und Ihn mit ganzem Herzen pries. Umkehr, Glaube, Dank und
Lobpreis Gottes – das hat ihn geheilt. Was war das für ein Glaube?
Der Glaube, den Jesus hier meint, bedeutet eine das Leben bestimmende und fest
umrissene Überzeugung, nämlich ein Bekenntnis zu Ihm, Jesus Christus, und zwar
zu Ihm als dem Herrn, als dem Herrn meines Lebens. Denn ausdrücklich heißt es,
dass der Geheilte sich Jesus zu Füßen warf.
Was aber hat es mit den neun anderen auf sich? Haben sie über der überwältigenden
Freude ihres Geheiltseins einfach nur vergessen oder es nicht für nötig
befunden, ihrem Wohltäter wenigstens ein Dankeschön zu sagen?
Ich glaube, eine solche Interpretation bliebe wohl eher an der Oberfläche und würde
der biblischen Brisanz des Geschehens kaum gerecht.
Das Problem der Aussätzigen ist ja nicht einfach nur ein medizinisches.
Mindestens so schwer wiegt, dass sie die Aus–sätzigen
tatsächlich aus–gesetzt, auch
sozial aus–gesetzt waren, herausgesetzt aus jeder normalen menschlichen
Gemeinschaft. Isoliert, unter Quarantäne gestellt durften sie weder ihr familiäres
Heim noch überhaupt Städte oder Dörfer betreten; jeder mied sie wie den
leibhaftigen Tod, und in einem gewissen Sinn waren sie auch tot. Denn Aussatz
bedeutete „sozialer Tod“, und zwar oft lebenslänglich – lebenslänglich
tot. Und nun werden sie geheilt, und das Sich–zeigen bei den Priestern
bedeutet nichts anderes als die offizielle Wiederaufnahme in die menschliche
Gemeinschaft.
Von diesen Überlegungen aus wollen wir nun auf Jesus schauen. Er war auf dem
Weg nach Jerusalem, in seinen Tod. Seine Popularitätskurve war schon längst im
Sinken. Besonders eben diese Priesterschaft und andere der jüdischen Führungsschicht
hatten den Tod dieses unbequemen Propheten beschlossen. War es überhaupt noch
opportun, sich öffentlich mit Jesus blicken zu lassen, geschweige denn sich zu
Ihm zu bekennen? Hätte das nicht bedeutet, sich schon wieder auszusetzen, in
eine andere Art der Isolation und des Außenseiterdaseins zu begeben, anstatt
einfach nur und endlich wieder „normal“ leben zu können? Können das nicht
die Gründe gewesen sein, die sie bewogen haben, lieber nicht zu Jesus zurück
zu kommen?
Und, liebe Gemeinde, unversehens wird die kleine Begebenheit ein brandaktueller
Spiegel unserer Zeit. Sich mit Entschiedenheit und echtem Glauben zu Jesus
Christus zu bekennen, immer wieder neu umzukehren, ihn anzuerkennen als meinen
wirklichen Herrn und Gott zu loben und zu danken und zu ehren, wie wir es
Sonntag für Sonntag in der Eucharistie (= Danksagung) bzw. Eulogie (= Lobpreis)
der hl. Messe tun, ist zur Sache einer kleinen Minderheit geworden. In unserem
Land ist es wohl nicht einmal mehr einer von zehn. Aber dies war wohl, wie schon
im Evangelium, zu allen Zeiten Sache einer Minderheit. Ich für meinen Teil
preise Gott für jeden, der bereit ist, auch heute noch zu dieser Minderheit zu
gehören. – umzukehren, zu glauben, zu vertrauen, zu danken, zu loben und zu
preisen, wie wir es jetzt in unserer Eucharistiefeier tun.
Pfr. Bodo Windolf
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