Predigt vom 18. Januar 2004

St. Severin Garching

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Prediger:
Pfarrer Bodo Windolf


Thema: 
Die Ehe .... 
Predigttext

Zweiter Sonntag im Jahreskreis 18. Januar 2004
Les: Jes 62,1-5; 1 Kor 12,4-11
Ev: Joh 2,1-11

Die Ehe – nicht weniger, aber auch nicht mehr als ein Hinweis auf „hochzeitliche“ Vollendung unseres Daseins

Es ist keine flammende Umkehrpredigt, mit der Jesus nach dem Johannesevangelium sein öffentliches Auftreten beginnt; es ist auch kein Besuch an einem Krankenbett, auch nicht die Heilung eines schwer Leidenden. Nein, es ist ein Fest, eine Hochzeit. In den „Brüdern Karamasoff“ schreibt Dostojewski dazu: „Ich liebe diese Stelle sehr. Die Hochzeit zu Kana, das erste Wunder... Nicht das Leid, nein die Freude der Menschen suchte Jesus auf, als er sein erstes Wunder vollbrachte, zur Freude verhalf er ihnen. Wer die Menschen liebt, liebt auch ihre Freude... Ohne Freude kann man nicht leben.“

Es ist eine alte Weisheit, dass im Anfang, im Ursprung das Ganze enthalten ist. Die Eichel enthält in sich schon den ganzen Eichenbaum, der winzige menschliche Embryo schon den ganzen späteren Menschen. So auch die Hochzeit zu Kana als Beginn der Selbstoffenbarung Jesu. Für Johannes, der nie nur platte Ereignisse wiedergibt, sondern für den sie alle einen tiefen Symbolgehalt haben, wird hier der Sinn des Ganzen, der Sinn unseres Daseins insgesamt deutlich. Dieser Sinn, auf den alles Dasein zielt und der auch an vielen anderen Stellen der hl. Schrift durchscheint, ist ein hochzeitlicher, ist Freude, ist Fest, ist Hochzeit zwischen Gott und Mensch, Himmel und Erde, ist die festliche Freude gelebter und erfüllter Liebe. „Selig, die zum Hochzeitsmahl des Lammes geladen sind“, so beschreibt Johannes im letzten Buch der Bibel die ewige Freude der erlösten Schöpfung. Wenn das stimmt, dann ist eigentlich jede irdische Hochzeit so etwas wie ein Vorausbild, wie ein Vorgeschmack dieses endgültigen Ziels unseres Daseins.

Zugleich ist sie der Beginn eines Traumes und der Wunsch nach Erfüllung eben dieses Traumes. Sie ist der Beginn der Einübung eines Traumes, von dem wir hoffen, dass seine Erfüllung hier schon beginnt und sich in der Ewigkeit vollendet. Es mag beklagenswert sein, dass in unserer Zeit diese Träume so oft und oft so schnell und, wie es scheint, leichtfertig zerplatzen. Aber statt zu jammern über die vielen gescheiterten Ehen ist es auch einmal angebracht, sich einfach zu freuen über die immer noch mehr als fünfzig Prozent der Ehen, die halten und zu einem ganz großen Teil auch gelingen; in denen also etwas vom Traum bei der Hochzeit wirklich wahr wird. Wir alle wissen ja, wie wichtig gerade für Kinder, für ihre seelisch gesunde Entwicklung, eine gelingende und verlässliche Liebesbeziehung von Vater und Mutter ist. Was ihnen hier vorgelebt wird, wird einen Widerhall in ihrem eigenen Leben finden. Doch wie gelingt denn dieser Traum von verlässlicher und Geborgenheit schenkender ehelicher Liebe?

Es soll ein Hinweis von den heutigen Lesungstexten her genügen. Wenn die irdische Hochzeit und Ehe zwar immerhin, aber eben auch nur ein Vorausbild, ein Vorgeschmack, deswegen übrigens auch ein Sakrament ist, das heißt ein Zeichen für eine Wirklichkeit, die erst im Himmel, erst bei und in Gott zur letzten Erfüllung kommt, dann kann die Ehe und damit der Ehepartner davon entlastet sein, diese Erfüllung selbst schon sein zu sollen. Das bedeutet: Er bzw. sie muss nicht perfekt, muss nicht schon die Einlösung des Paradieses sein. Beide dürfen Fehler, Mängel, Marotten, Unvollkommenheiten haben – ohne dass das dann schon als eine Gefahr für die Beziehung und die Ehe betrachtet wird. Im Gegenteil, es kann darin sogar eine Chance gesehen werden. Eine Chance für einen selbst: nämlich dafür, in der Liebe zu wachsen, zu reifen, selbstloser zu werden in der Liebe, ihr die Farbe immer größerer Bereitschaft zur Versöhnung, zum Verzeihen, zum täglichen Neuanfang zu geben. Die Ehefrau, der Ehemann, muss dann nicht selbst das Paradies sein, - was jeden überfordern muss – und mir will scheinen, dass viele Ehen an solcher gegenseitigen oder vielleicht nur von einem Partner ausgehenden Überforderung leiden und schließlich scheitern. Aber wenn es in einer guten Ehe mit all ihren Höhen und Tiefen gelingt, dass sie oder er immerhin zu einem Hinweis, gar zu einem Vorgeschmack für das Paradies werden können, dann ist das, finde ich, schon unglaublich viel.

Ein Letztes: In der christlichen Trauung wird von Gott die Frau dem Mann und der Mann der Frau endgültig anvertraut. Sie wird für ihn und er wird für sie zum wichtigsten -  wenn ich es einmal so ausdrücken darf – Exerzitienmeister in der Einübung der konkret gelebten Liebe, in der Einübung des Traumes von gelingender Liebe. Beide werden dabei füreinander auch zu Exerzitienmeistern für den Weg zu Gott. Dieser Weg führt für Eheleute immer auch über den Ehepartner; mit ihm und durch ihn wird der Weg der Ehe auch zu einem Weg zu Gott, wenn, ja wenn Gott einen Platz haben darf in diesem Zweierbund; wenn Er, der Urquell aller Liebe, immer wieder auch das Wasser erkaltender menschlicher Liebe verwandeln darf in den Wein einer Liebe, die Gott selbst immer wieder neu in uns entfachen, reinigen und vertiefen möchte. Es ist statistisch erwiesen, dass bewusst christlich gelebte Ehen, in denen Gott, das Gebet, auch der Gottesdienstbesuch für beide wichtig ist, um ein Vielfaches beständiger sind und auch glücklicher; dass sie sowohl körperlich wie auch geistig-seelisch als erfüllter erlebt werden.

Was Ehepaare einander versprechen, habe ich in dem folgenden Text auf eine sehr schöne Weise zusammengefasst gefunden:

Ich nehme Dich an. Dich.
Nicht ein Traumbild
von einem Supermann, einer Superfrau.
Es ist auch nicht der kindliche Wunsch
nach der weiter verwöhnenden Mutter,
nach dem starken, beschützenden Vater.
Ich meine wirklich Dich :
Diesen leibhaftigen Menschen neben mir.
Dich mit Haut und Haaren,
mit dem Grübchen am Kinn
mit den zusammengewachsenen Brauen
mit Deinem Charme und Deinen Macken.

Dich nehme ich an.
So wie Du bist.
Nicht so, wie ich Dich gerne hätte.
Ich betrachte Dich nicht als mein
Erziehungsobjekt.

Ich liebe Dich nicht mit Bedingungen: „Wenn Du...“
Ich nehme Dich an.
Mit dem, was Du gelernt hast,
und mit dem, was Du nicht gelernt hast.
Mit den Verletzungen Deiner Kindheit.
Mit den Narben Deiner Jugendjahre.
Mit den Stärken und Deinen Schwächen,
mit Deiner Sonnenseite und
mit Deinem Schatten.

Ja, auch das nehme ich an,
was Du selbst nur schwer annehmen kannst an Dir.
Alles, was zu Dir gehört:
Wie Du Dich entwickelt hast,
wie Du jetzt bist,
wie Du sein wirst in 10 Jahren.

Ich nehme Dich an.

Dich.

(Quelle: Marriage encounter)


Pfr. Bodo Windolf

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