St. Severin Garching Die "communio"
(Gemeinschaft) der Kirche, "Communio", Kommunion,
in der Messfeier die heilige Kommunion zu empfangen, ist uns allen zu einer
lieben und selbstverständlichen Gewohnheit geworden. Damit das Gewohnte nun
aber nicht gewöhnlich im Sinne von oberflächlich und bloßer Routine wird, ist
es von Zeit zu Zeit notwendig, tiefer darüber nachzudenken, was wir hier
eigentlich und im Tiefsten vollziehen. Schauen wir zuerst auf die profane alltägliche Wortbedeutung von "koinonia". Das Wort begegnet an zentraler Stelle, als nämlich Jesus den Petrus und seine "Koinonoi", seine Gefährten Johannes und Jakobus, zu Jüngern beruft. Genauer meint dies: Die drei bildeten so etwas wie eine Kommune, eine Genossenschaft, ein Kleinstunternehmen mit gemeinsamer Arbeit, gemeinsamem Eigentum und gemeinsamen Werten. Es ist offensichtlich, dass Jesus aus dieser Arbeits-, Wirtschafts- und vermutlich auch Freundesgemeinschaft eine ganz neue "koinonia" oder Gemeinschaft machen möchte, die das schon Bestehende aufgreift und zugleich in etwas ganz Neues verwandelt. Schauen wir nun auf das hebräische Wort für "koinonia" beziehungsweise "communio". Es lautet "chaburah" und bezeichnet unter anderem die zum Paschamahl versammelte familiäre Gruppe von mindestens zehn Personen. Was im Hebräischen auffällt, ist: "Chaburah" bezeichnet immer nur die Gemeinschaft von Menschen untereinander, nie die Beziehung zwischen Gott und Mensch: zwischen diesen gibt es keine "chaburah" oder "communio", weil für den alttestamentlichen Menschen der Abstand zwischen Schöpfer und Geschöpf in einem gewissen Sinn unübersteiglich bleibt. Deswegen wird diese Beziehung nicht mit dem Wort "chaburah", sondern mit dem Wort "berith" umschrieben, das den Bund zwischen absolut ungleichen Partnern bezeichnet und die Hoheit, durchaus auch Nähe, aber vor allem die bleibende Distanz Gottes zum Menschen ausdrückt. Einen weiteren Blick möchte ich auf die griechische Philosophie werfen. Platon beschreibt im Symposion, einem seiner berühmtesten Dialoge, die wechselseitige "koinonia" zwischen Göttern und Menschen als den tiefsten Sinn der Opfer und des Kultes. Diese Gemeinschaft ist es, die auch die Gemeinschaft der Menschen untereinander stiftet, und dann sagt er ein ganz und gar schönes, geradezu christliches Wort: dass es im Kult nämlich letztlich um nichts anderes gehe als um das "Heil und die Heilung der Liebe". Freilich steht griechische Philosophie immer in Gefahr, die Einheit zwischen Göttern und Menschen oder besser, der unpersönlichen Gottheit und den Menschen zu einer ununterschiedenen Identität zu verschmelzen. Es besteht die Gefahr, dass hier "unio" statt "commumio" angezielt wird, Einswerdung, Identischwerdung statt Einheit in der Zweiheit der Liebe. Wenn wir nun auf das schauen, was
wir heute feiern, dann können wir sehen, dass sich in der communio der
Eucharistie so etwas wie eine Synthese aus dem jüdischen und dem
griechisch-heidnischen Verständnis von "koinonia" bzw. "chaburah"
vollzieht. Die Kommunion zwischen Gott und Mensch ist Jesus Christus selbst. In
Ihm hat Gott den Abgrund, der zwischen Ihm und dem Menschen besteht, gleichsam
übersprungen. Jesus ist die "communio" zwischen Gott und
Mensch. Und wer teilhat und teilbekommt an Jesus Christus, der bekommt teil und
wird hinein genommen in eben diese so staunenswerte und alles andere als
selbstverständliche "communio". Und der vorzügliche Ort für diese
Teilgabe ist, wenn ich meine leeren Hände letztlich Christus selbst
entgegenstrecke und Er mich mit Sich beschenkt. |