|
Prediger:
Pfarrer Bodo Windolf
Thema:
Was ist das Ziel unseres Lebens und
Glaubens?
|
Achter
Sonntag im Jahreskreis 2. März 2003
Les: Hos 2,16b.17b.21-22; 2 Kor 3,1b-6
Ev: Mk 2,18-22
Was ist das Ziel unseres Lebens?
Was das Ziel unseres Glaubens?
Wie sieht dieses Ziel aus?
Was werden wir empfinden?
Fragen, auf die wir keine wirkliche Antwort kennen. Höchstens in Bildern vermögen
wir darüber sprechen; in Bildern, die vielleicht eine Ahnung hervorrufen, eine
Ahnung, dass es etwas Großes sein muss. Eins dieser Bilder, ein besonders
inniges, stellt uns das heutige Evangelium vor Augen.
„Können denn die Hochzeitsgäste fasten,
solange der Bräutigam bei ihnen ist?“
Gäste sind sie, die Jünger Jesu, bei einem
unfassbaren hochzeitlichen Geschehen, das sich unter ihren Augen abspielt. Sie,
die Jesus hören, begleiten, mit ihm leben, erleben
Hochzeit. Sie sind Geladene bei einem Fest, dessen Tragweite sie
kaum ahnen; aber sie dürfen wissen: das Geheimnis, dessen Zeugen sie sind, ist
ein hochzeitliches; das Geheimnis
jenes Menschen, dessen Gäste sie sein dürfen, ist das eines Bräutigams.
Mögen die anderen fasten. Für sie, die Jünger Jesu, ist Freude, reine und
pure Freude angesagt. Denn Hochzeit ist, solange Jesus unter ihnen weilt. Und Er
selbst ist der Bräutigam.
Jesus, der sich einfachhin als Bräutigam bezeichnet, der Hochzeit hält – das
lohnt sich einmal durchzubuchstabieren.
Wo Hochzeit ist, ist alles Geschehen eingetaucht in nur eines: in das Geheimnis der Liebe. Hochzeit ist Feier der Liebe, Freude der Liebe,
Besiegelung der Liebe, Versprechen der Liebe, Verheißung von Liebe, Verewigung
von Liebe. Das allein ist es, worum es in der Begegnung mit Jesus geht. Damals
bei den Jüngern, heute bei uns.
Doch Hochzeit zwischen wem? Im Evangelium wird nur der Bräutigam genannt:
Jesus. Doch wir alle wissen: Zum Bräutigam gehört wesentlich die Braut. Ohne
die Braut ist der Bräutigam kein Bräutigam.
Nun
glauben wir aber, dass uns in Jesus Gott
selbst begegnet. Doch Gott – braucht er eine Braut? Eine Hilfe, eine Ergänzung?
Gott wäre doch gar nicht Gott, wenn Er sich nicht selbst genügen würde, wenn
Er angewiesen wäre auf eine Ihn ergänzende
Braut.
Es
gilt also zu fragen: Was sagt Gott über sich selbst aus, wenn Er sich in der
wunderschönen Lesung aus dem Buch Hosea als Bräutigam offenbart, der die
Seinen wie eine Braut umwirbt, sie sucht mit brennendem Herzen und heimführen
will, und zwar um den Brautpreis von Gerechtigkeit und Recht, von Liebe und
Erbarmen? Wie zeigt sich uns Gott, wenn er sich in Jesus Christus einfachhin als
Bräutigam bezeichnet?
Die Antwort kann nur lauten: Gott tut uns seinen Entschluss kund, nicht ohne
seine Schöpfung sein zu wollen. Obwohl Er sie nicht nötig hat, obwohl Er
nichts in ihr benötigt, sagt Er uns aus freiester Liebe heraus: Ich will nicht ohne euch sein. Ich will nicht ohne die Schöpfung
sein. Ich will nicht ohne die Menschen sein. Ich will nicht sein ohne dich
und dich und dich und mich.
Jeder von euch ist mir wie
eine Braut, die ich umwerbe, die ich suche, die ich mit Banden der Liebe an
mich ziehen möchte, die ich heimführen möchte und teilnehmen lassen möchte
an der Glut meiner göttlichen Liebe.
Dass Gott in Jesus Christus als Mensch zu uns gekommen ist, ist dabei nach dem
heutigen Evangelium schon selbst Hochzeit, Vermählung, Vereinigung: Vermählung
und Vereinigung Gottes im Bräutigam Jesus mit seinem Geschöpf, mit unserer
menschlichen Natur und darin im Grunde mit jedem einzelnen Menschen; Vermählung
und Vereinigung mit den Freuden unseres menschlichen Daseins, Vermählung und
Vereinigung aber auch mit den Dunkelheiten,
mit dem Leiden, mit dem Sterben, ja sogar mit der Menschheitsschuld, indem
Jesus sich von ihr betreffen lässt, sie auf sich nimmt, sie ausleidet und so
Versöhnung stiftet zwischen Gott und seiner untreuen Braut. Hochzeitliche
Einswerdung des Geschöpfes mit seinem Gott – das ist Ziel unseres Lebens.
In dieser hochzeitlichen Einswerdung Gottes mit seiner Schöpfung scheinen sich
mir auch die tiefsten Ahnungen außerchristlicher Mystik zu erfüllen. Gott geht
ganz und gar ein in die Schöpfung, aber Er geht nicht in ihr auf. Und ebenso
umgekehrt: Wir Menschen sind gerufen und berufen, in bräutlicher Liebe zuletzt
ganz und gar einzugehen in Gott, aber auch wir gehen nicht auf in Gott.
Wenn Sie sich an die Predigt von vergangener Woche erinnern, dann heißt das:
Ich bleibe zwar ich als Person. Aber nicht im Sinne einer Abgrenzung vom Du des
anderen, vor allem vom Du Gottes, sondern ich werde ganz und gar entgrenzt: Gott in mir und ich in Gott. Und in einer abbildlichen
Weise wird dies auch für das Du der Mitmenschen gelten. Nicht Abgrenzung im
Sinne von „ich bin ich hier und du bist du da“ wird sein, sondern
Durchsichtigkeit, Transparenz, Miteinander, ja sogar Füreinander und Ineinander
wird uns prägen. Uns wird eine Zwei-Einheit
prägen, als deren irdisches Abbild Jesus die eheliche Liebe von Mann und
Frau bezeichnet, wenn er sagt: Die beiden werden ein
Fleisch. Sie sind also nicht mehr zwei, die voneinander getrennt sind,
sondern eins. Wo Eheleute ganz sie selbst sind und doch in selbstvergessenem
Einssein ineinander ruhen, nicht nur körperlich, sondern auch geistig-seelisch,
da blitzt vielleicht eine Ahnung von jener hochzeitlichen Seligkeit auf, von der
das heutige Evangelium in Andeutungen spricht und die das Ziel unseres Daseins
ist.
Die hochzeitliche Liebe zwischen Gott und seinem Geschöpf, zwischen dem Bräutigam
Christus und seiner Braut, der Kirche und allen ihren Gliedern als das Ziel und
als der letzte Sinn unseres Daseins und unseres christlichen Glaubens –
ahnungshaft, sakramental, also zeichenhaft erleben wir es in jeder
Eucharistiefeier: „Selig, die zum Hochzeitsmahl des Lammes geladen sind.“
Eucharistie, Kommunion, hochzeitliche Gemeinschaft Christi mit mir im
eucharistischen Sakrament, Er in mir und daher ich in Ihm ist so etwas wie eine
Vorwegnahme, eine sakramentale Vorwegnahme dieser hochzeitlichen Liebe in der
Ewigkeit Gottes und Jesu Christi.
All das versucht in Worten und Bildern eine Wirklichkeit auszudrücken, für die
wir hier auf Erden keine entsprechenden Worte haben. Aber vielleicht kann vor
allem das Bild von der Hochzeit eine Ahnung von dem vermitteln, was Gott denen
bereitet hat, die Ihn lieben.
Pfr. Bodo Windolf, St. Severin Garching
|
© copyright 2003 WebMaster: Herbert Bauernfeind
bauernfe@t-online.de
|