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Prediger:
Pfarrer Bodo Windolf
Thema:
Wofür
lohnt es sich zu leben
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St. Severin Garching
Zweiter Weihnachtstag 2002
Les:
Apg 6,8-10; 7,54-60
Ev: Mt 10,17-22
Wofür lohnt es sich zu leben?
Wofür lohnt es sich zu leben? Wofür lohnt es sich wirklich zu leben?
Diese Frage trifft mitten ins Herz unserer Existenz. Jeden von uns geht sie
unmittelbar, zentral, unabweislich an. Keiner, der an ihr vorbei käme; keiner,
der sich an ihr vorbei mogeln könnte. Selbst wer sein Leben gedankenlos
vergeudet, wird irgendwann von dieser Frage eingeholt; und sei es nur in Form
eines dumpfen Gefühls, das eigene Leben für nichts verplempert zu haben.
Wofür lohnt es sich zu leben? Für
den, dessen Fest wir heute feiern, für den heiligen Stefanus, stellte sich
diese Frage noch ein wenig anders: Wofür lohnt es sich zu sterben?
Lohnte es sich wirklich, für Den zu sterben,
dessen Geburt wir gestern noch gefeiert haben? Hätte dieser talentierte junge
Mann nicht noch viel Gutes vollbringen können, wenn er sich rechtzeitig mit
seinen Feinden arrangiert und so sein Leben gerettet hätte, und sei es um den
Preis der Verleugnung seines Glaubens?
Es scheint, als hätte Stefanus dies nicht einmal gedanklich in Erwägung
gezogen. In Jesus Christus, dem für uns Mensch gewordenen Gott, in Ihm, dem
Gemarterten, Gemordeten, aber Auferstandenen, hatte er den Sinn, den Halt, das
Fundament seines Daseins gefunden; in Ihm hatte er das alles andere prägende
und sinngebende Wofür seiner Existenz
gefunden. Ein Leben ohne dieses Wofür erschien ihm nur noch als nichtig, leer,
nicht lohnend. Dann lieber sterben als zu leben um den Preis des Abfalls vom
Glauben und damit des Verlustes des eigenen Lebenssinns.
Wofür lohnt es sich zu leben? Der heilige Stefanus gibt zur Antwort: Ich habe
ein Wofür gefunden, für das es sich eher zu sterben lohnt, als ohne es zu
leben: Jesus Christus.
Liebe Gemeinde!
Mit diesem Satz trifft sich der heutige
Festtagsheilige mit einem der großen protestantischen Philosophen und Theologen
des 19. Jahrhunderts, Sören Kierkegaard. Von ihm stammt der Satz: Letztlich
lohnt sich nur für etwas zu leben, wofür sich auch zu sterben lohnt. Ein
nachdenkenswerter Satz.
Was heißt er? Was heißt er für unsere Frage? Was heißt er für uns persönlich?
Wir alle leben,
arbeiten, investieren Geist, Zeit und Kraft für viele Wofürs: für Erfolg im
Beruf, für die Karriere, für ein dickes Bankkonto, für ein schönes Haus, für
schönen Urlaub, für kleine und große Vergnügungen, für die Familie, und,
und, und.
Wenn wir nun etwas tiefer über uns selbst nachdenken, dann werden wir sicher
feststellen: es gibt ein, zwei Wofür, die aus allen anderen herausragen; die
uns wichtiger sind als alle übrigen. Könnten wir sie benennen? Mir scheint,
wer dies nicht kann, würde sich selbst wohl nur sehr schlecht kennen.
Doch nun die entscheidende Frage, die jeder nur persönlich für sich selbst
beantworten kann: Existiert in meinem Leben ein Wofür, das so groß ist, dass
es sich lohnt, dafür alles hinzugeben, selbst, wenn es notwendig wäre, das
eigene Leben? Ein Wofür, für das es sich also in der Tat zu sterben lohnt? Das
könnte ein geliebter Mensch sein, die Familie, eine große Lebensaufgabe, für
die man zum Allgemeinwohl bereit ist, sich ganz und gar einzusetzen. Besitze ich
ein solches Wofür? Eine für jeden lebenswichtige Frage, weil sich an ihr sie
Sinnhaftigkeit unseres Daseins erweist.
Doch unter allen möglichen Wofürs möchte ich zum Schluss eines nennen, das
aus allen anderen herausragt, das wohl als einziges das Kriterium Kierkegaards
voll und ganz erfüllt. Denn dieses eine Wofür ist jenes, das allein allen
anderen Wofürs unseres Lebens nicht nur einen vorläufigen, sondern einen endgültigen
Sinn zu geben vermag. Dieses größte Wofür kann überhaupt niemand anderer
sein als Gott. Jener Gott, der in Jesus Christus unter uns
geboren wurde, der für uns litt und starb – und auferstand. Jener Gott also,
der die Sinnlosigkeiten und Absurditäten unseres Daseins, nämlich Leid, Sünde
und Bosheit von Menschen und den Tod auf sich nahm, um uns davon in seiner
Auferstehung zu erlösen. Die Feier von Weihnachten zielt auf dieses
Karfreitags- und Ostergeschehen.
Wer sein Leben auf diesen Gott baut, kann gewiss sein, das lohnendste, weil
allem anderen sinngebende Wofür gefunden zu haben. Wer diesen Gott aus seinem
Lebensentwurf streicht, läuft Gefahr, den letzten und eigentlichen Sinn seines
menschlichen Daseins zu verfehlen.
Wofür lohnt es sich zu leben? Letztlich für das, wofür sich auch zu sterben
lohnt. Der Heilige dieses Tages, der heilige Stefanus, hat es in Person und
Gestalt Jesu Christi gefunden. Worin erblicke ich das letzte und eigentliche Wofür
meines Lebens?
Pfr. Bodo Windolf
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