Gründonnerstag 28. März
2002
Les: Jes 52,13-53; Hebr 4,14-16;5,7-9
Ev:
Joh 13,1-15
Was heißt es, das Sakrament der
Eucharistie fruchtbar zu empfangen?
An den vergangenen Freitagabenden habe ich in
drei Fastenpredigten versucht, den Sinn der heiligen Messe, ihres Ablaufs, ihrer
einzelnen Teile, ihr Geheimnis tiefer zu erschließen. Heute dürfen wir feiern,
worüber ich gesprochen habe; wir dürfen den Tag feiern, an dem uns
dieses unergründlichste und kostbarste Sakrament von Jesus anvertraut
und geschenkt worden ist.
Wenn es stimmt, dass die Feier der
Eucharistie wesentlich Vergegenwärtigung ist,
gegenwärtig setzen, ins Heute holen von dem was damals geschah – so sagt es
besonders deutlich die Präfation des Gründonnerstags: „In der Nacht, da
Jesus verraten wurde – und das ist heute“ – wenn das stimmt, dann dürfen
wir uns als solche fühlen, die am heutigen tag gewissermaßen eingelassen sind
in den Abendmahlssaal; als solche, denen Jesus auch heute die Füße wäscht –
wie wir es ja nachher symbolisch in der liturgischen Händewaschung vollziehen
– und wir dürfen uns fühlen als solche, denen er sich selbst, verborgen
unter der Gestalt eines Stückchen Brotes, darreicht. Doch wie kann es gelingen,
dass der Empfang dieses Sakramentes auch fruchtbar
wird in unserem Leben? Denn es kann ja ganz offensichtlich nicht genügen,
das Sakrament einfach nur zu schlucken, es den Gang durch unseren Magen und Darm
antreten zu lassen – und das war es dann. Wer so empfängt, bei dem geschieht
gar nichts oder schlimmeres als gar nichts, wenn wir auf Paulus hören; denn in
der Fortsetzung der heutigen zweiten Lesung schreibt er, dass der sich das
Gericht isst und trinkt, der unwürdig hinzutritt und, die Kostbarkeit des
Empfangenen nicht bedenkend, sich am Allerheiligsten vergreift.
Um fruchtbar die Eucharistie zu empfangen,
ist sicher zuerst einmal notwendig ganz einfach der Glaube;
zu glauben: ich empfange hier nicht nur ein symbolisches Zeichen für irgend
etwas – zum Beispiel für unsere geschwisterliche Gemeinschaft –, sondern zu
glauben: hier ist die personale, reale Gegenwart
Jesu selbst; zu glauben: ich empfange
hier nicht etwas: ein Stückchen
gesegnetes oder heiliges Brot, - Bezeichnungen, die das eucharistische Geheimnis
eher verdunkeln als erhellen, sondern ich empfange jemand;
zu glauben, Kommunion ist Begegnung,
innigst mögliche Begegnung mit meinem Herrn und sogar Bruder und Erlöser Jesus
Christus.
Für einen fruchtbaren Empfang ist auch
notwendig zu bedenken, was diese Weise der Begegnung, was dieses Sakrament gekostet
hat: es ist kein billiges Sakrament, denn es hat den furchtbarsten Tod
gekostet, der je hier auf der Erde gelitten wurde; den Tod dessen, den auch
ich getötet habe, weil er auch für meine
Sünden gestorben ist. „Das ist mein Blut, das für euch und für alle
vergossen wird zur Vergebung der (eurer) Sünden.“ Unsichtbar ist daher in
jede Hostie, in der sich der eine Herr
an uns, die Vielen, austeilt, das
Kreuz, die ganze Grausamkeit des Karfreitags eingezeichnet. Der Karfreitag war
der Preis, der Preis des Gründonnerstags und damit jeder Eucharistiefeier. Und daher
gehört zu jedem Altar das Kreuz, jenes Kreuz, das die beiden Richtungen
anzeigt, in die wir nun auch fruchtbar werden sollen in der Kraft dieser Speise.
Denn diese Speise empfängt nur wirklich, wer
sich mitnehmen lässt in die Bewegung Jesu, wie er sie im Abendmahlsaal
vorexerziert hat. Die Bereitschaft sich zu bücken, Dinge zu tun, die wenig Ehre einbringen oder auch
niemand sieht, die Bereitschaft zu dienen,
ganz gleich ob an über- oder untergeordneter Position, die Bereitschaft, sich
klein zu machen, sich nicht so wichtig zu nehmen, ja die Bereitschaft zum
letzten Platz sind Gradmesser für einen fruchtbaren Empfang Jesu im Sakrament,
das heißt für ein Leben in ihm, in
der Verbindung mit ihm, in der
Gesinnung von ihm.
Dazu gehört auch die Bereitschaft zur Versöhnung. Die Geste der Fußwaschung
ist ja auch Symbol der Versöhnung, des Abwaschens des eigentlichen Schmutzes
dieser Welt, nämlich der Sünde durch Jesus. Wer aus dem Geist der Versöhnung,
des immer wieder neu Vergebens und des inneren Friedens lebt, der empfängt in
der heiligen Hostie auch den Geist, die Gesinnung Jesu und verwandelt sich ihr
an.
Doch neben dem waagerechten Balken, der uns
im Geist des Dienens und des Friedens an den Nächsten verweist, gibt es noch
den senkrechten Balken. Christus fruchtbar im Sakrament empfangen, heißt, sich
ihm im Geist des Gebets und der Anbetung zu nähern. „Niemand kann wirklich
kommunizieren, ohne zuerst angebetet zu haben“, hören wir den heiligen
Augustinus in einer Predigt sagen. Sein Zeitgenosse Theodor von Mopsuestia,
sagt, dass es in Syrien, wo er wirkte, üblich war, vor Empfang der heiligen
Gabe ein Wort der Anbetung zu sagen, (was auch mir selbst ein inneres Bedürfnis
ist). Besonders ergreifend ist, wie die Mönche von Cluny zum eucharistischen
Altar traten, nämlich indem sie ihre Schuhe auszogen; denn sie wussten, dass
hier jener „brennende Dornbusch“ zugegen ist, vor dem Mose die Schuhe auszog
und in die Knie sank.
Die Kommunionstille, das Verweilen vor dem
Tabernakel, die eucharistische Anbetung, zu der heute nach dieser Feier, am
kommenden Ostersonntag, dem Tag der Ewigen Anbetung in unserer Pfarrei, und
jeden Mittwoch und Donnerstag Möglichkeit besteht, - all das sind Weisen, sich
betend und betrachtend geistlich anzueignen, gleichsam geistlich zu
„verdauen“, was sonst nur ein leibliches Schlucken bleiben würde.
Er schaut mich an, ich schaue ihn an; ich
lasse mich anschauen, ich lasse mich von seiner Sonne bestrahlen, und ich
erwidere diesen Blick der Liebe und der Hingabe und des Sich-Austeilens Jesu an
mich, – so versuche ich oft in der eucharistischen Gegenwart Jesu zu
verweilen.
Wer daher Christus im Sakrament der
Eucharistie betend und anbetend empfängt, um sich dann von dieser Feier aus als
dienender, versöhnender, friedenstiftender Mensch zu anderen Menschen senden zu
lassen – der empfängt Ihn sicher nicht vergeblich, sondern bringt Frucht,
reiche Frucht durch die empfangene Liebe Jesu selbst.
Pfarrer
Bodo Windolf
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