Firmanmeldungsgottesdienst
März 2002 zu Joh 11,1-45
"Der Herr der Ringe“ oder: Nur
Entschiedene gewinnen
Die meisten,
wenn nicht alle von euch haben den Film „Herr der Ringe“ gesehen,
einige von euch sogar mehrmals, und vielleicht hat auch der eine oder andere das
Buch gelesen.
John Ronald Reuel
Tolkien, der Erfinder von Mittelerde und all den skurrilen Völkchen, die
Mittelerde bewohnen, war ein tiefgläubiger Mann, ein überzeugter Katholik, der
sich nie hätte träumen lassen, dass sein Werk sogar mehrmals zum „Buch des
20. Jahrhunderts“ gewählt werden würde. Ihr kennt die Geschichte: Sauron,
der abgrundtief böse Herrscher von Mordor, hat neben verschiedenen „Ringen
der Macht“ heimlich den „Einen
Ring“ gegossen, von dem es heißt, dass es der Ring ist, „sie zu knechten,
sie alle zu finden, ins Dunkel zu treiben und ewig zu binden.“ Diesen Ring,
nachdem er über Jahrhunderte verschollen war, will er mit allen Mitteln
wiederbekommen, um ganz Mittelerde in seine Gewalt und unter den Einfluss seiner
bösen Macht zu bringen. Nur durch Zerstörung des Ringes kann die Macht des Bösen
besiegt werden, und obwohl die Aufgabe wahnwitzig ist, übernimmt Frodo, ein
Hobbit, diese Aufgabe.
In diesem Kampf zwischen Gut und Böse, bei
dem auch die Freunde Frodos mit der Versuchung zum Bösen zu kämpfen haben –
und manchmal schwach werden – gibt es eines nicht: ob es sich um Elfen,
Zwerge, Menschen, Hobbits, Zauberer, Orks oder Trolle handelt – es gibt keine
Unentschiedenen. Entweder stehen sie auf der Seite des Guten und derer, die
frei sein wollen vom Bösen; oder auf der Seite des Bösen, auf seiten Saurons.
Ein dauerndes Dazwischen oder Sowohl-als-auch gibt es nicht.
Was Tolkien in seiner Fantasiewelt
beschreibt, hat er verstanden als ein Bild für das Drama auch in unserer Welt,
ja man kann es verstehen als Bild für das Drama des Neuen Testaments, für das
Drama Jesu selbst. Schauen wir einfach einmal auf das heutige Evangelium.
Der Zeitpunkt ist wenige Tage vor dem Tod
Jesu. Jesus weiß, dass man ihn töten möchte und vielleicht ahnt er auch, dass
er nicht mehr lange zu leben haben wird. Jesus, der Sohn Gottes, bezeichnet sich
selbst als das Leben – „Ich bin die Auferstehung und das Leben“. Zugleich
ist er der, der von Gott her in unsere Welt gekommen ist, um die Mächte
des Bösen – um zu sehen, wie mächtig
sie sind, müssen wir nur Zeitungen aufschlagen – die Mächte der Finsternis,
der Schuld und des Todes zu besiegen; er ist gekommen, um uns aus der Gewalt
dieser Mächte zu erlösen und zu befreien, wenn
wir uns gewissermaßen auf seine Seite schlagen.
So wie Frodo mitten in den Machtbereich
Saurons vordringen muss, da der Eine Ring nur in den Tiefen des Orodruin, des
Feurigen Berges, zerstört werden kann, so wird auch Jesus sich gleichsam in den
Rachen des Löwen werfen; das Böse dieser Welt wird sich an ihm austoben; er,
der das Leben ist, lässt sich einem
der scheußlichsten Tode ausliefern – aber weil er, weil seine Liebe, weil
seine göttliche Macht, weil seine Lebens- und Auferstehungsmacht größer und
stärker ist als alle widergöttlichen Mächte dieser Welt, deswegen wird er
siegen, das Böse und den Tod überwinden. Und diesen Sieg nennen wir Christen Auferstehung.
Als er vor dem Grab seines toten Freundes
Lazarus steht, sieht er gewissermaßen in den unabsehbar dunklen Abgrund des
Todes und aller dunklen Mächte dieser Welt hinab, er sieht gleichsam in den
Abgrund des Feurigen Berges. Er sieht die Mächte, die uns binden, knechten und
unendliches Leid und furchtbare Schuld verursachen. Er sieht in den Abgrund, in
den er bald selbst hineingehen wird, und deswegen ist er wohl innerlich so
erregt, ja er weint sogar. Aber das sind Tränen einer Liebe, die unendlich stärker
ist als die sich aufplusternde Gewalt der dunklen Mächte dieser Erde.
Dass er Lazarus ins Leben zurück zu rufen
vermag, zeigt, dass Er, Jesus, der Stärkere ist; dass er Macht über den Tod
hat, auch wenn Er sich ihm ausliefert. Auf Jesus Christus zu setzen, heißt, auf
den zu setzen der am Ende der Sieger
ist, auch wenn die gewaltlose Ohnmacht seiner Liebe zwischendurch als das Schwächere,
das Untergehende erscheinen kann.
Wo es um Jesus Christus geht, da kann es auf
Dauer so wie im „Herrn der Ringe“ keine Unentschiedenen geben. Entweder ich
stehe auf Seiner Seite, das heißt auf der Seite Gottes, auf der Seite
der Liebe, auf der Seite des Lebens; und das muss sich dann auch in meinem Leben
zeigen; oder ich stehe auf der anderen Seite, wo gerade auch in unserer Zeit die
Kultur des Todes, wie es Papst Johannes Paul formuliert hat, die Kultur der
Banalität und der Oberflächlichkeit regiert.
Ihr, liebe Firmlinge, werdet nachher eure
Anmeldung zur Firmung abgeben. Es geschieht jetzt erst, nach inzwischen ungefähr
drei Monaten der Vorbereitung, damit ihr aufgrund dessen, was ihr bisher gehört
habt, besser entscheiden könnt, ob ihr euch wirklich firmen lassen wollt, ob es
euch mit der Entscheidung für Gott ernst ist. Wie ernst es euch ist, das weiß
am meisten er, Gott selbst, weil man IHN nie belügen kann.
Ich wünsche, ich hoffe sehr, dass eure
Entscheidung nachhaltig ist, dass sie euer Leben begleitet und dass sie mit euch
reift. Dieser Gott, für den ihr euch entscheidet, hat mit eurem Leben etwas
vor. Vermutlich wird es nicht ganz so abenteuerlich wie das von Frodo und seinen
Gefährten; das ist wohl auch gar nicht wünschenswert. Aber die Frage nach der
Entscheidung für oder gegen Gott, für oder gegen Jesus Christus, für oder
gegen den Heiligen Geist (anstelle vieler unheiliger Geister um uns herum), für
oder gegen das Gute – diese Entscheidung werdet ihr immer wieder fällen müssen,
und sie wird nicht immer leicht sein. Ich wünsche und hoffe für euch, dass ihr
euch immer wieder für die richtige Seite entscheidet.
Pfarrer
Bodo Windolf
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