Predigt vom 31. März 2002 (Ostersonntag)

St. Severin Garching

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Prediger:
Priesteramtskandidat Wernher Bien


Thema: "Ostersonntagspredigt"
Predigttext

Ostersonntagspredigt

Zielsatz: Ich möchte die Hörer ermuntern, das ewige Leben, das uns der Auferstandene gibt, wertzuschätzen und zu versuchen, es weiterzugeben.

1. Leben und Sterben

Liebe Schwestern und Brüder,

Jesus ist von den Toten auferstanden. Er hat den Tod besiegt. Das Leben, das er gebracht hat, ist stärker als der Tod.

Es ist darum kein Zufall, daß wir Ostern im Frühling feiern, wenn in der Natur das Leben durchbricht: Die Sonne beginnt, sich gegen die Kälte durchzusetzen, die Bäume und Blumen fangen zu blühen an.

Aber wir alle wissen, daß nach dem Frühling und Sommer der Herbst und Winter kommt. Die Bäume werden kahl, die Blumen welken.

So geht es auch uns in unserem Leben: Wir blühen auf, wir entfalten immer mehr Kräfte und Fähigkeiten – und dann werden wir irgendwann alt, die Kräfte verlassen uns immer mehr, bis wir schließlich sterben, und andere Menschen unseren Platz einnehmen.

Und so ist unser Leben ein ständiger Kreislauf von Leben und Sterben.

Aber als Jesus auftrat, da hat er etwas Neues verkündet: „Ich durchbreche diesen Kreislauf von Leben und Sterben. Die Zeit ist jetzt erfüllt, das Reich Gottes ist nahe!“

Es war ein großartiges neues Leben, das Jesus gebracht hat: Er hat Kranke gesund gemacht und viele Jünger um sich gesammelt, die mit ihm ein neues Leben begonnen haben.

Aber dann ist er doch gestorben, umgebracht worden, und seine Jünger haben sich zerstreut.

2. Maria von Magdala weint

So sehen wir Maria von Magdala am Grab stehen und um Jesus weinen.

Aus dem Evangelium wissen wir nicht viel über Maria von Magdala, so habe ich selbst versucht, diese Persönlichkeit etwas auszumalen. Ich stelle mir vor, daß sie nicht nur um Jesus geweint hat, weil er ihr guter Freund war, sondern weil er ihr ein neues Leben eröffnet hat.

Er hat die Menschen gelehrt: Sorgt euch nicht so viel um euch selbst – Euer himmlischer Vater sorgt für euch. Schaut also nicht nur auf euch selbst, sondern liebt eure Nächsten wie euch selbst.

Vieles von dem, was Jesus sagte, war für Maria gar nicht neu gewesen – das hatte sie schon in der Synagoge gehört, wenn der Vorsteher aus den Heiligen Schriften Israels vorgelesen hat. Aber damals war ihr das wie eine Überforderung vorgekommen.

Bei Jesus war das ganz anders gewesen: Da war das Wort plötzlich real, weil Jesus selbst gelebt hat, was er gesagt hat. Und von Jesus ist eine solche Güte ausgegangen, daß es auch Maria leicht gefallen ist, gut zu anderen Menschen zu sein. Das war ein glückliches Leben, das Maria da geführt hat.

Jesus war wie das Wasser, das die Pflanzen belebt. Jetzt war das Wasser versiegt: Würde das neue Leben nun verdorren wie die Blume, die kein Wasser mehr hat? Würde sie nun wieder zurückfallen in ihr altes Leben: egoistisch und ohne rechten Sinn dahinleben, bis sie schließlich sterben würde?

3. „Maria“

Und so weint Maria. Sie weint um Jesus, der ihr so lieb war wie kein anderer Mensch, der für sie der Inbegriff des Lebens war, durch den sie ein neues Leben gefunden hatte.

Sie weint und ist ganz in ihrem Schmerz verfangen. Es interessiert sie nicht, daß da plötzlich zwei Engel im Grab sind, ja, sie erkennt nicht einmal, daß Jesus vor ihr steht.

Und dann sagt Jesus ein Wort.

Wer hat beim Evangelium aufgepaßt? Wer erinnert sich noch, was Jesus sagt?

Maria.

Als Maria sich bei ihrem Namen angesprochen hört, weiß sie plötzlich: Es ist der Herr! Jesus ist hier!

In jedem Gottesdienst beten wir, bevor wir den Leib Christi empfangen

Herr, ich bin nicht würdig, daß du eingehst unter mein Dach, aber sprich nur ein Wort, so wird meine Seele gesund.

Hier geschieht genau das! Jesus spricht ein Wort, und Marias Seele wird gesund. Sie ist außer sich vor Freude und lebt wieder auf: Jesus, ihr Leben, ist wieder hier.

4. Ich gehe hinauf

Aber Jesus läßt nicht zu, daß Maria ihn festhält. Er sagt zu ihr:

„Ich gehe hinauf zu meinem Vater und zu eurem Vater,
zu meinem Gott und zu eurem Gott.“

Dann geht Jesus. Er ist noch einige Male den Jüngern erschienen, dann ist er in den Himmel aufgefahren und hat sich zur Rechten des Vaters gesetzt – Maria hat ihn nie mehr wieder gesehen.

Ist nun alles wieder wie vorher? Ist die Quelle des neuen Lebens nun für immer verschwunden? Nein! Maria weiß nun: Jesus hat den Tod überwunden. Er hat den Kreislauf des Lebens und Sterbens durchbrochen. Das neue Leben, das er ihr gebracht hat, ist stärker als der Tod.

Und sie weiß, daß Jesus lebendig ist und zur Rechten des Vaters sitzt.

Das ist auch der Grund, warum uns Paulus aufruft:

Strebt nach dem, was im Himmel ist, wo Christus zur Rechten Gottes sitzt. Richtet euren Sinn auf das Himmlische, nicht auf das Irdische!

Mit ihren normalen Augen kann Maria Jesus nicht mehr sehen, aber mit den Augen des Herzens, den Augen des Glaubens sieht sie, daß Jesus für immer bei ihr ist.

Liebe Schwestern und Brüder, da sind wir nun in der gleichen Situation wie Maria: Auch wir können Jesus mit unseren leiblichen Augen nicht sehen. Aber daß wir ihn nicht sehen können ändert doch nichts daran, daß er lebendig ist und mit uns Kontakt aufnehmen will, um uns an seinem ewigen Leben teilhaben zu lassen. Wenn wir unseren Blick nach oben richten, wenn wir glauben, daß Christus uns begegnen will, dann können wir ihn auch wahrnehmen:

Dann ist der Gottesdienst nicht nur eine Erinnerung an vergangene Ereignisse, sondern ein Fest der Begegnung mit dem Herrn.

Dann ist die Heilige Schrift nicht nur eine Sammlung von Erfahrungen, die Menschen mit Gott gemacht haben, sondern das Wort, das Gott heute zu uns spricht.

Dann ist das Gebet nicht nur ein Denken an Gott, sondern ein Reden mit Gott.

Wenn wir so mit Gott in Kontakt sind, dann haben auch wir Anteil an dem neuen Leben, das uns Gott schenkt, ein ewiges Leben, mit dem wir ausbrechen aus dem Kreislauf von Leben und Sterben:

Wir haben eine Grundlage für unser Leben, die durch nichts erschüttert werden kann: Gott, der uns geschaffen hat und der uns auch jetzt am Leben erhält, weil wir in seinen Augen teuer und wertvoll sind.

Wir haben eine Hoffnung, die uns keiner nehmen kann: daß wir einmal vollendet werden im Reich des Vaters.

Und wir haben eine Richtschnur, der wir sicher folgen können: Jesus Christus, seine Botschaft und sein Leben.

5. Maria verkündete

Maria von Magdala hat sogleich den Aposteln verkündet, daß der Herr auferstanden ist.

Das ist das deutlichste Zeichen für uns, daß Jesus auferstanden ist: Er ist in den Gläubigen lebendig. Es gibt Menschen, die dieses neue, unzerstörbare Leben, das er gebracht hat, schon hier auf der Erde leben und die dieses Leben auch anderen Menschen weitergeben.

Daran können wir uns selbst prüfen, ob wir wirklich daran glauben, daß Christus auferstanden ist, daß er uns ein neues, unendlich wertvolles Leben schenkt: Ob wir bestrebt sind, dieses Leben anderen weiterzugeben.

Vermutlich beschleicht die meisten von uns ein unangenehmes Gefühl bei dem Gedanken, den Glauben anderen Menschen weitergeben zu sollen, ihnen von Gott zu erzählen.

Als ich letztes Jahr auf den Philippinen war, da habe ich miterlebt, wie Menschen von Gott berührt worden sind und ihr Leben spürbar geändert haben: Die Mitglieder eines Gebetskreises haben angefangen, sich täglich zu treffen. Ein Arzt hat begonnen, allen seinen Patienten von Gott zu erzählen.

Hier in Deutschland ist Glaubensweitergabe ein furchtbar mühsames Geschäft. Der Glaube erscheint vielen, besonders den jungen Menschen als eine verstaubte, langweilige Sache. Mir geht es ja selbst so, wenn ich Ministrantenstunden halte: Mir scheint oft, das was wir machen ist entweder religiös oder interessant.

Aber dennoch ist es wichtig, daß wir uns immer wieder bemühen, gerade den jungen Menschen den Glauben schmackhaft zu machen. Alle Menschen sind Kinder Gottes und sie haben ein Recht darauf, ihren himmlischen Vater kennenzulernen und das ewige Leben, das er ihnen geben will. Und durch wen sollten sie von Gott erfahren, wenn nicht durch uns, die Christen.

Wahrscheinlich haben Sie es schon mitbekommen: In einem Jahr werden wir eine Pfarrmission durchführen. Junge Menschen einer katholischen Gemeinschaft mit dem Namen „Emmanuel“ werden uns für zehn Tage besuchen und dabei vor allem versuchen, die Menschen anzusprechen, die dem Glauben fernstehen. Die Vorbereitungen auf dieses Ereignis haben schon angefangen, und wir alle können uns daran beteiligen: Vor allem dadurch, daß wir in uns den Geist der Mission wecken: Indem wir uns immer wieder vergewissern, welch kostbarer Schatz für uns das ewige Leben ist, das Gott uns gibt und indem wir nach Wegen suchen, dieses Leben anderen Menschen weiterzugeben. Amen.

Wernher Bien

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