Predigt vom 11. Febr 2001 (Vorstellung der Firmlinge)

St. Severin Garching

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Prediger:

Pfarrer Bodo Windolf


Thema:  
“Selig die Armen, denn ihnen gehört das Reich Gottes. Selig die Hungernden, denn sie werden gesättigt werden.“
Predigttext

Firmvorstellungsgottesdienst – 6. Sonntag im Jahreskreis – 11. Februar 2001

Ist das nicht ein wenig verrückt, was wir da gerade im Evangelium gehört haben?
Ist, mit Verlaub gesagt, Jesus nicht ein wenig verrückt, uns solche Sachen zuzumuten? Stellt er nicht alles auf den Kopf? Das, was wir und irgendwie jeder Mensch unter Glück versteht: Reichtum, Sattsein, also Befriedigung unserer Bedürfnisse, Lachen können, von allen gelobt werden, usw., das versieht er mit einem negativen Vorzeichen. Und was niemand will: Armut, Hunger, Weinen, Trauer, ja sogar gehasst und beschimpft werden um seinet, um Jesu willen, das preist er selig.
Haben wir es da nicht wieder einmal: das Christentum, ja sogar Jesus selber als Spielverderber unseres Lebens: was Spaß macht wird abgelehnt, was niemand für erstrebenswert hält, wird empfohlen. Sagt man da nicht besser gleich: Nein, danke?

Vielleicht kann man das ganze besser verstehen, wenn wir uns die Lage der Menschen von damals vergegenwärtigen. Unter den Zuhörern Jesu waren ohne Zweifel viele wirklich Arme. Hohe Steuern, Abgaben und Zölle der römischen Besatzungsmacht und der herodianischen Provinzkönige verursachten viel Elend unter der Bevölkerung. Und gerade zu ihnen spricht Jesus, zu ihnen spricht er das Wort, daß sie selig sind.

Warum aber? Der Grund ist: weil ihnen, gerade ihnen, das Gottesreich gehört, mit anderen Worten: ihnen ist Gott in besonderer Weise nahe, denn gerade sie haben – wie die Erfahrung lehrt – eine viel größere Offenheit als die Satten. Und diese Sätze sagt nicht ein Reicher, der salbungsvolle Worte und billigen Trost, der nichts kostet, irgendwie von oben herab an ein paar Arme richtet, sondern es ist ein selbst Armer. Jesus spricht hier von gleich zu gleich, als Armer zu Armen, und das spüren seine Zuhörer. Er theoretisiert nicht über die Armut, sondern er kennt sie aus eigener Erfahrung. Und das macht seine Worte glaubwürdig; tröstend für die Armen, aber geradezu bedrohlich für die Reichen.

Warum schleudert er eigentlich so harte Worte gegen die Reichen und die mit den satten Bäuchen? Hat er etwas gegen sie? Nein, sicher nicht gegen die Reichen als solche, wohl aber sieht er die Gefahr, in der sie stehen: nämlich für Geld, Macht, Prestige usw. ihr Leben zu verplempern, ja ihre Seele zu verkaufen.

Und so will ich einmal versuchen, an jeweils 2 Beispielen durchzubuchstabieren, was Jesus mit seinen Weherufen und Seligpreisungen eigentlich meint.

Da sind zunächst einmal die Reichen.
Welche Reiche, welche Art von Reichen meint Jesus?
Sind auch wir gemeint?

Ohne Zweifel leben wir alle im Vergleich zu mehr als vier Fünftel der Erdbevölkerung geradezu in Luxus. Unzählige Kinder und Jugendliche müssen schon in eurem Alter hart arbeiten, um für sich und die Familie auch nur das Lebensnotwendigste zu verdienen. Unzählige wissen nicht, ob sie am nächsten Tag überhaupt etwas zu essen haben. Durchs Fernsehen wird die unsägliche Not überall in der Welt täglich bis in unsere Wohnzimmer getragen. Aber wie gehen wir oft mit Essen um? Für welchen Plunder geben wir oft Unsummen aus, und kommen uns vielleicht noch großzügig vor, wenn wir mal ein paar Mark oder vielleicht auch ein paar hundert Mark herspenden. Mit Sicherheit mißgönnt es Jesus uns nicht, wenn wir Geld für uns selbst ausgeben, für etwas, das uns Freude macht. Aber wenn es in keinem Verhältnis mehr steht zu der Not, die wir damit lindern könnten und es nicht tun, weil wir keine Augen und kein Herz, kein mit vollen Händen austeilendes Herz für die Amen haben, dann trifft auch uns das Wehe des heutigen Evangeliums.
Ich denke, ein ernstes, ein bedenkenswertes Wort für jeden von uns.


Nun zu den Satten.
Wir alle sind satt, leiden keinen Hunger, kennen es nicht einmal, was es heißt Hunger zu haben. Wer einen satten Bach hat, wessen Bedürfnisse befriedigt sind, der verliert nicht nur leicht den Blick für die Armen, sondern oft auch den Auf-Blick zu Gott. Wozu benötige ich noch Gott? Ich habe doch alles, ich brauche doch nichts mehr! Gott kann abdanken.
Doch die Erfahrung lehrt: wo der Hunger des Leibes gesättigt ist, ist noch lange nicht der Hunger unserer Seele gestillt. Wie recht hat Jesus: Wehe euch, ihr Satten, denn ihr werdet hungern, hungern an eurer Seele. Die Sattheit der Deutschen und die Gottvergessenheit so vieler unter ihnen geht Hand in Hand. Viele von ihnen hungern nach Gott, und wissen es gar nicht, und betäuben daher diesen Hunger mit allen möglichen Ersatzbefriedigungen, die leicht zu Ersatzreligionen werden.

Doch die Frage geht auch an euch Firmlinge:
Seid auch ihr satt, zu zerstreut, zu sehr mit allem möglichen beschäftigt, um euch für Gott zu interessieren?

Der Weheruf Jesu über die Satten will eine Mahnung an uns alle sein, eine Mahnung, den Hunger, die Sehnsucht nach Gott in uns wachzuhalten und Ihm (Gott) daher auch entsprechenden Raum in unserem Leben zu gewähren.
Damit sind wir nun aber schon bei einer der Seligpreisungen. Selig sind eben in den Augen Jesu die, die –vielleicht gerade, weil sie Entbehrungen erleiden müssen- diesen Hunger nach Gott, nach einem Leben mit Gott in sich lebendig erhalten. Und zugleich sind dies die seliggepriesenen Armen.
In selig zu preisender Armut lebt dabei auch der Reiche, der sich freiwillig arm macht: dem das Geld nicht wie Pech an den Händen klebt, um es hauptsächlich für sich auszugeben, sondern der es teilen und austeilen kann, um oft himmelschreiende Not damit zu lindern; selig ist der, der Zeit und anderes herzugeben vermag für andere; selig ist der, der sich vor allem vor Gott arm weiß; der weiß, ein Leben ohne Gott droht ziemlich armselig zu werden, weil verglichen mit ihm alles andere wertlose Billigware ist. Aber durch Gott gewinnt mein Leben, und alles, was dazugehört, einen wahren Reichtum.

“Selig die Armen, denn ihnen gehört das Reich Gottes. Selig die Hungernden, denn sie werden gesättigt werden.“

Liebe Firmlinge
: Das Lebensprogramm Jesu ist nichts für Mitläufer, Angepasste, Feiglinge. Es erfordert Mut und die Bereitschaft zu einem alternativen Leben, zu einem Leben, bei dem der Maßstab eben nicht ist, zu tun was „man“ tut oder was alle tun, sondern wo jemand bereit ist, auch gegen den Strom zu schwimmen, mit Gott, für die Mitmenschen.
Das wünsche ich euch, dass ihr diesen Mut habt, dass euch die Frage nach Gott und nach Jesus nicht mehr loslässt und daß auch zu euch Gott einmal wird sagen können: Selig seid ihr durch euer Leben, durch die Art eures Lebens; euch gehört das Reich Gottes, jenes Reich, in dem aller Hunger einst gestillt sein wird.

Bodo Windolf, Pfarrer, St. Severin Garching

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